Interview mit Olaf Graeser von Phoenix Manufacturing Solutions

Technologienetzwerk “Smart Engineering and Production 4.0” realisiert die komplette vertikale Integration von Daten

Olaf GraeserInterview mit Olaf Graeser, Phoenix Contact GmbH & Co. KG über durchgängig virtuelles Engineering als Basis für Industrie 4.0: Phoenix Contact,  Eplan und Rittal haben gemeinsam die komplette vertikale Integration von Daten im Engineering- und Produktionsprozess realisiert, die Fertigungspläne überflüssig macht.

Olaf Graeser ist Mitarbeiter im Technology Development Industrial Automation des Geschäftsbereichs Manufacturing Solutions bei der Phoenix Contact GmbH & Co. KG in Blomberg. Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen durchgängiges Engineering und intelligente Fertigung.

Connected Industry: Was war die Motivation für dieses Projekt?

Die Motivation war zunächst, ein durchgängiges Engineering unserer eigenen Artikel bis zum Schaltschrank zu schaffen. Bei der Entwicklung entstehen vielfältige Daten, die das Produkt beschreiben. Das eigentliche Engineering startet jedoch erst dann, sobald die Produkte in einem anderen Tool weiterverwendet werden sollen. Der Schaltschrankbauer, der unsere Produkte nutzt, kann nun einen digitalisierten Artikel erhalten, quasi den digitalen Zwilling. Diesen kann man dann in gängige Software-Tools, bspw. Eplan, integrieren. Am Ende entsteht der Schaltschrank als digitaler Prototyp, der bis in die Fertigung weitergereicht werden kann – das ist das Kernstück des Projekts.
Zunächst können wir damit bei der Industrie 3.0 Fertigung anknüpfen: Mit dieser digitalen Produktbeschreibung, die in einer Kombination der Datenformate AutomationML und eCl@ss vorliegt, lassen sich auch Bestandsanlagen betreiben. Noch viel besser eignet sich die digitale Produktbeschreibung jedoch für Industrie 4.0 Anlagen: Hier haben wir mit einem intelligenten Fertigungsleitsystem gearbeitet. Das Fertigungsleitsystem bezieht auf Basis der digitalen Produktbeschreibung die relevanten Fertigungszellen für den einzelnen Artikel mit den jeweiligen Verwaltungsschalen ein. Zunächst startet das Leitsystem damit, die Produktbeschreibung einzulesen und zu analysieren. Aus dieser hierarchischen Beschreibung werden dann die Fertigungsschritte abgeleitet. Das Werkstück wird durch einen RFID-Tag erkannt und die Fertigungsschritte parametriert. Die Fertigungszelle bekommt dann über das ERP-System einen Fertigungsauftrag in Losgröße 1 anhand der digitalen Produktbeschreibung, die sämtliche Informationen für die Fertigungsprozesse enthält. Die Vollständigkeit der Daten führt dabei zu einer reibungslosen Umsetzung aller Bearbeitungsinformationen. Die Besonderheit ist, dass man hier keinen Fertigungsplan und keine feste Produktionsreihenfolge mehr braucht. Die digitale Produktbeschreibung kann zudem bis in die Anlagenwartung entlang des gesamten Produktlebenszyklus weiter genutzt werden. Ferner sind zusätzliche automatisierte Prozesse in der Schaltschrankfertigung möglich. So ist bspw. die Visualisierung für eine manuelle Bestückung und Verdrahtung ein relevanter Entwicklungstrend.

Connected Industry: Wie entstand die Idee für dieses Projekt und wie lange hat es bis zur Umsetzung gedauert?

Rund ein Jahr. Die Idee entstand auf der Hannover Messe 2014, die Demonstration erfolgte bereits im Folgejahr auf der Hannover Messe, wobei die Partner schon umfangreiche Vorarbeiten eingebracht haben.

Connected Industry: Welche Aufgabenbereiche hatten die Projektpartner?

Die digitale Beschreibung von Komponenten sowie die Fertigung haben wir gemeinsam mit Rittal übernommen. Eplan war schwerpunktmäßig für das Engineering zuständig.

Connected Industry: Wo liegt für Sie der größte Mehrwert in der Umsetzung?

Primär, um Produkte in Losgröße 1 wirtschaftlich fertigen zu können. Die heutige Produktion ist Massenherstellung mit klassischen Fertigungsverfahren. Erforderlich ist jedoch immer mehr Customizing, z. B. für die spezifische Bedruckung oder spezielle Farbe. Das ist mit der heutigen Fertigungstechnik nur schwierig abbildbar. Mit dem Projekt haben wir die optimalen Voraussetzungen für das Customizing geschaffen, was insbesondere bei kundenspezifischen Konfigurationen im Webshop wichtig ist.

Connected Industry: In welche Richtungen möchten Sie das Projekt weiterentwickeln?

Die Frage ist hier generell, was auf Basis digitaler Modelle realisiert werden kann? Möglich ist eine Verwendung digitaler Modelle im Bereich Simulationen, Fertigungsplanung über verschiedene Werke hinweg bis hin zur Angebotserstellung.

Herausforderung Industrie 4.0 – Die Kunst der Zer-Störung.

Alle reden von Industrie 4.0, aber die meisten wissen nicht wirklich, was das bedeutet. Und noch weniger haben eine Vorstellung davon, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben. Denn im Rahmen dieser Technologie-Initiative der Bundesregierung wachsen nicht nur einfach Automatisierungswelt und Informationstechnik etwas enger zusammen. Vielmehr wird hierdurch in zahlreichen Unternehmen bald jeder einzelne Prozessschritt der gesamten Wertschöpfungskette überprüft und ggf. durch komplett andere Lösungen ersetzt werden. Und dabei werden diese neuen Prozesse nicht zwangsläufig auch weiterhin von dem bisherigen Unternehmen gestaltet werden. In vielen Firmen wird Industrie 4.0 somit zu ähnlichen Umwälzungen ihrer Arbeitsabläufe führen, wie dies bei der Ablösung von Schreibmaschine, Diktiergerät und Großrechner durch den PC der Fall war.



Industrie 4.0 im internationalen Kontext: Kernkonzepte, Ergebnisse, Trends

Dieses Buch bringt nunmehr etwas Licht ins Begriffs-Dickicht und zeigt Zusammenhänge auf. Ferner wird hierin erläutert, in welcher Form sich Industrie 4.0 auf die Arbeitswelt, die Informations- und Führungsprinzipien im Unternehmen sowie auf den Bereich Kundenorientierung auswirken wird. Das Buch bietet I4.0-Neulingen einen guten Einstieg in die Thematik, hält aber auch für Vorinformierte eine Reihe interessanter, weitgehend unbekannter Fakten parat. Die Themen werden durch konkrete Beispiele illustriert und belegt. Am Ende steht die Erkenntnis, dass Industrie 4.0 nur für denjenigen eine Bedrohung darstellt, der sich nicht damit beschäftigt. Damit erschließt das Buch dem Leser die Potenziale, die sich aus der massiven Nutzung des Internets, der Integration von technischen Prozessen und Geschäftsprozessen, der digitalen Abbildung und Virtualisierung der realen Welt und der Möglichkeit intelligenter Produkte ergeben.

Service 4.0 – die neue Kommerzialisierung von Kundenbedürfnissen

 Berlin/München, Januar 2016: Die zunehmende Digitalisierung lässt sich weder eindämmen, noch lassen sich konventionelle Geschäftsmodelle davor abschotten. Die Entwicklung von datenbasierten Service-Geschäftsmodellen muss somit für viele Industrieunternehmen höchste Priorität haben. Die Verknüpfung der virtuellen und physischen Welt bringt zahllose neue Möglichkeiten hervor, um die Kundenbedürfnisse besser zu befriedigen, neue Umsatzquellen zu erschließen und dem Wettbewerb voraus zu sein.

Datengetriebene Services, die auf den Betriebsdaten der Produkte basieren, könnten schon bald wichtiger werden als das Produkt selbst. Denn Anbieter von Smart Services haben die Beziehung zum Kunden in der Hand und erschließen sich weitere Umsätze mit neuen Geschäftsmodellen. Datengetriebe Services setzen als After-Sales-Geschäft nach dem Verkauf an und verschieben die Grenzen der Wertschöpfung in neue Umsatzdimensionen. Im Service 4.0-Verständnis ist die Kauftransaktion somit erst der Beginn einer gewinnträchtigen und kontinuierlichen Geschäftsbeziehung mit dem Kunden. Der Hersteller kann sein Produkt über den kompletten Lebenszyklus hinweg begleiten, indem er dem Käufer stets neue Mehrwertleistungen offeriert. So haben führende Technologieunternehmen bereits vor einigen Jahren erkannt, dass es notwendig ist, sich von der reaktiven Reparatur im Defektfall abzuwenden, und „Predict-and-Prevent“-Modelle in ihr Service-Angebot einzubauen, mit denen sich mögliche Risikogrößen prognostizieren lassen. Hier werden Datenmassen zu neuartigen Dienstleistungen veredelt, die die genauen Bedürfnisse der Kunden frühzeitig erkennen.

Dennoch geht der Schritt in Richtung Service 4.0 in den meisten Unternehmen noch zu langsam. Die Führungsriege in vielen Fertigungsunternehmen ist noch immer produkt- und nicht servicegetrieben, der tangible Verkaufsumsatz und nicht das immaterielle Lebenszyklus-Geschäft stehen im Vordergrund – noch. Denn der Handlungsdruck für mittelständische Industriebetriebe steigt permanent, zukunftsweisende Service 4.0-Modelle zu entwickeln und sich vom Wettbewerb abzuheben, bevor es andere tun. Die Frage, wie sich die installierte Basis optimal kommerzialisieren lässt drängt vermehrt in den Vordergrund. Service 4.0 ist die Chance, um in Zeiten sinkender Wachstumsraten dem massiven Preisdruck zu begegnen. Dabei dürfen datengetriebene Services nicht als bloßes Zusatzgeschäft verstanden werden. Unternehmen, die Service 4.0 erfolgreich praktizieren, bauen eigenständige Service-Profit-Center auf und verankern ein eigenes Service-Ressort in der Geschäftsführung. Empirische Untersuchungen belegen eindrucksvoll, dass sich dieser Schritt lohnt: Vorreiter von Service 4.0-Modellen verzeichnen im Service-Geschäft einen stark wachsenden Umsatzanteil und weit überdurchschnittliche Margen.

Zu den Pionieren für Service 4.0-Modelle gehören beispielsweise Hersteller von Windenergieanlagen. Diese bieten ihren Kunden prädiktive Analytics Services an, um die Produktivität zu erhöhen oder Störungen zu antizipieren. Damit kann sich der Windparkbetreiber stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren, denn er interessiert sich weniger für die Windenergieanlage als für deren Leistung und Verfügbarkeit. Ebenso haben führende Maschinenbauer die Möglichkeiten und Potenziale für sich erkannt. So können die über moderne Sensorik ausgelesenen Daten in einem zentralen Big Data Hub analysiert werden. Daraus lassen sich im laufenden Produktionsbetrieb anhand von Benchmark-Vergleichen Empfehlungen für eine höhere Performance, Produktivität und Stabilität abgeben. Zudem sind Anwendungen auf dem Gebiet von Augmented Reality, die dabei unterstützen, fehlerhafte Teile zu lokalisieren bei vielen Anbietern bereits heute Service-Praxis. Weiterhin gibt es erfolgreiche Pilotanwendungen mit anlagenspezifischen Handelsplattformen für Prozessdaten von Produktionssystemen. Auf dieser Plattform werden die Daten gesammelt, ausgewertet und zur Weiterverarbeitung bereitgestellt. Dabei sind sowohl der Maschinenbetreiber und -hersteller sowie relevante Lieferanten eingebunden, um mit erfolgskritischen Prozessparametern zu handeln und auszutauschen. Derartige Plattformen fungieren somit als Content Provider für die darauf basierenden Smart Services. Im Ergebnis kann der Betreiber die Anlageneffizienz bei geringeren Kosten deutlich erhöhen, da er die Prozessdaten für unterschiedlichste Anforderungen bedarfsgerecht über die Handelsplattform beziehen kann.

Vergleichbare Lösungen lassen sich bspw. auch in Logistikketten einsetzen, die sich aus unterschiedlichen Akteuren (Hafen, Reedereien, Transportunternehmen, Zollbehörden, etc.) zusammensetzt. Durch eine Verknüpfung und Auswertung von Verkehrs-, Infrastruktur- und weiterer Prozessdaten in der gesamten Logistikkette auf einer zentralen Plattform können Logistikprozesse übergreifend verbessert werden. Zudem können Transportkapazitäten effizienter disponiert und ausgelastet werden. Eine absolute Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Für deutsche Industrieunternehmen gilt es nun, ihr Produktspektrum mit Smart  Services zu erweitern und die Spielregeln zu definieren. Der Entwicklung digitaler Service-Modelle muss dabei aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet werden. Neben der eigenen Perspektive, die der Abnehmer und Lieferanten müssen hier zunehmend auch digitale Unternehmen, die mit innovativen digitalen Lösungen in die Märkte eintreten möchten, ins Blickfeld rücken.

Da sich die neue Welt der digitalen Services noch in der Anfangsphase befindet, ist die Chance noch nicht vertan und wir können noch gute Voraussetzungen schaffen, um auch künftig den Markt aktiv zu gestalten.

 

Über DATANOMIQ

DATANOMIQ ist der herstellerunabhängige Lösungs- und Service-Partner für Business Analytics, Data Science und Industrie 4.0. Wir erschließen die gewaltigen Ergebnispotenziale durch Big Data erstmalig in allen Bereichen der Wertschöpfungskette. Dabei setzen wir auf die besten Köpfe und das umfassendste Methoden- und Technologieportfolio in unserer Branche.

 

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