Interview – Bedeutung von Industrie 4.0 für Private Equity
Interview mit Marko Maschek über Industrie 4.0 aus der Investment-Perspektive
Vor Gründung der PINOVA war Marko Maschek zehn Jahre bei 3i in Deutschland und in den USA, zuletzt als Partner im Bostoner Büro, tätig. Er war dort für Small Cap Investments in den Bereichen Umwelttechnologie, Halbleiter und neue Materialien verantwortlich. In seiner Zeit bei 3i tätigte Marko Maschek 19 Investments, war in zahlreichen Aufsichtsgremien tätig, verkaufte mehrere Unternehmen erfolgreich an strategische Investoren und führte 4 Beteiligungen an die Börse.
Nach einer Offiziersausbildung arbeitete Marko Maschek lange Jahre in der Industrie, bei Cambridge Consultants und Robert Bosch. Bei Bosch entwickelte er mehrere technische Neuerungen, die später weltweit patentiert wurden. Marko Mascheks Familienhintergrund ist unternehmerischer Natur. Er studierte Elektrotechnik an der TH Karlsruhe (Dipl. Ing.) und Informatik an der INSA Lyon. Darüber hinaus absolvierte er ein MBA-Studium an der Universität von Cambridge.
Connected Industry: Wieso ist I4.0 für Private Equity (PE) interessant?
Industrie 4.0 ist bei Private Equity Firmen auf der Agenda, aber ich stelle noch nicht fest, dass dies jemand in der Tiefe adressiert hat, da es ein neues Thema ist. Industrie 4.0 ist für uns Investoren ein wichtiges Feld, da es ein Werttreiber ist. Wir halten ein Beteiligungsunternehmen im Schnitt 5 Jahre, bevor es weiter verkauft wird. Das ist eine limitierte Zeit, um eine Wertsteigerung zu bewirken.
Das Thema Industrie 4.0 ist ein Differenzierer, wenn man hier als Beteiligungsgesellschaft Expertise aufgebaut hat, um eine Wertsteigerung zu erzielen. Die meisten Beteiligungsgesellschaften setzen Standardprogramme um, beispielsweise eine Optimierung bei den Kosten, im Working Capital, Marketing und auch in der Internationalisierung.
Für die Umsetzung von Industrie 4.0 braucht man in der Private Equity Branche jedoch ganz andere Strukturen und Netzwerke, die aufgebaut werden müssen. Diejenigen PE-Investoren, die heute schon Industrie 4.0 Themen umsetzen können, haben ein Alleinstellungsmerkmal im Markt. Zudem können Beteiligungsmanager in der Portfolio-Company durch diesen Stellhebel eine Wertsteigerung erzielen – dies führt zu einem Rendite-Vorteil.
Als Technologe beschäftige ich mich selbst seit langem intensiv mit diesem Thema. Früher war dieser Bereich rund um Industrie 4.0 unter Computer Integrated Manufacturing (CIM) bekannt. Damals gab es erste Feldbusse, wo man Geräte verknüpfen konnte. Es ging damals ausschließlich um Technologie. Letztlich sind die Projekte gescheitert, weil wir technologisch noch nicht so weit waren.
Beim Thema Industrie 4.0 geht es nicht so sehr um Technologie, das ist ein Teil, sondern um Kundenfokus. Also, wie kann man den Kunden besser mit Produkten bedienen, die man schon hat und Dienstleistungen herum bauen. Im Mittelpunkt steht, die Abhängigkeit des Kunden zu erhöhen und letztlich mehr Umsatz durch „Smart Services“ zu erzielen.
Das Thema hat jedoch eine Kehrseite: So hat beispielsweise jede Werkzeugmaschine ein Interface – hieraus werden Daten generiert, aus denen man ein smartes Geschäftsmodell entwickeln kann – das wird nun auch durch andere Dienstleister möglich. An dieser Stelle kann sich fortan ein Dritter zwischen dem ursprünglichen Lieferanten und dem Endkunden positionieren.
Connected Industry: Glauben Sie an einen aktuellen Hype oder Beginn einer nachhaltigen Entwicklung
Heute ist es im Vergleich zu den Ansätzen aus der Vergangenheit wesentlich einfacher geworden, etwa durch Halbleitertechnologie und Cloud-Computing, in Echtzeit Daten zu erheben und zu analysieren. Das gab es so früher nicht, sicher nicht zu den Kosten. Für mich ist Industrie 4.0 nun ein nachhaltiger Trend, da es jedes Unternehmen in jeder Branche betrifft, unabhängig, wo man auf der Erde sitzt. Industrie 4.0 wird zudem weiter über bestimmte Schnittstellen standardisiert werden – von daher muss hier dabei sein.
Connected Industry: Wieso reagiert der deutsche Mittelstand noch verhalten auf dieses Thema?
Es ist eine Gefahr, wenn der Mittelstand es versäumt hier aktiv zu werden. Das Risiko ist, dass sich jemand zwischen ihn und seinen Kunden setzt. Dadurch wird er „commodity“ und ist beliebig austauschbar. Hier ist es unausweichlich, dass man neue Lösungen zur Vertiefung der Kundenbindung entwickelt.
Connected Industry: Welche Geschäftsmodelle im Kontext von I4.0 sind gefragt und wieso tun wir uns dabei schwer?
Wir brauchen neue Geschäftsmodelle, bei denen man versteht, was der Kunde eigentlich benötigt, um sein Unternehmen voranzubringen. Durch diese Technologien im Bereich Industrie 4.0 wird das manifest, was in Produktionsprozessen eigentlich abläuft. Dadurch können wir Smart Services überhaupt erst anbieten.
Wieso ist das für uns schwer? In Deutschland herrschen Detailbetrachtung, minutiöse Planung und Overengineering vor – da sind wir Weltklasse. Das funktioniert gut für bestimmte Produkte, bspw. Automobile, nicht aber für Software. Aber wenn es darum geht, neue datenbasierte Geschäftsmodelle zu entwickeln, erfordert das eine Dienstleistungsmentalität, die in anderen Ländern stärker ausgeprägt ist als bei uns.
Die Chance mit Industrie 4.0 Geld zu verdienen müssen wir jetzt ergreifen. Wir verfügen über die installierte Maschinenbasis und sind heute noch am nächsten am Kunden dran. Aber wenn wir die Themen rund um Industrie 4.0 nicht umsetzen, machen es andere für uns. Die Ausgangssituation im Mittelstand ist mit seiner Flexibilität und kurzen Entscheidungswegen jedoch als sehr gut anzusehen, das Erfolgsmodell auch in der nächsten Dekade weiter auszubauen.