Interview – Warum die Energiewende die Digitalisierung bedingt

Interview mit Herrn Pfund von e2m Energy über die Digitalisierung im Kontext der Energiewende

sandy-pfund-e2mSandy Pfund ist seit Januar 2014 bei der Energy2Market GmbH tätig und wurde zum 1. Januar 2015 zum Geschäftsführer bestellt. Er hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert und war in den letzten 15 Jahren in unterschiedlichen Führungspositionen in der Industrie, der Energiewirtschaft sowie im Ingenieurwesen tätig. Bei e2m verantwortet Pfund innerhalb der Geschäftsführung neben den kaufmännischen und technischen Betriebsbereichen auch die firmeneigene Softwareentwicklung und den Finanz-, Personal- sowie Organisationsbereich.

Connected Industry: Herr Pfund, welcher Weg hat Sie in eine führende Rolle in der Energiebranche geführt?

Mit der Energiewirtschaft bin ich 2006 bei einem großen kommunalen Energieversorger in Berührung gekommen. Dort war ich für das strategische Controlling und die Unternehmensentwicklung verantwortlich und habe damals einen fundierten Überblick über das Umfeld und die Herausforderungen der Branche erhalten. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung bin ich dann Ende 2013 auf das Geschäftsmodell von e2m aufmerksam geworden, welches mich von da an in seinen Bann gezogen hat.

Connected Industry: Die Energiewende wurde durch die Politik längst eingeleitet. Welche Herausforderungen kommen mit dieser Energiewende auf deutsche Unternehmen der Energiebranche zu?

Ich denke wir erleben gerade einen strukturellen Umbruch, bei dem manche Marktteilnehmer ihre tradierten Rollen – durchaus schmerzhaft – verlieren werden und neue Marktpositionierungen entwickeln müssen. Die Energiewende bringt eine neue, stark dezentralisierte und heterogene Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur mit sich, auf die unsere Versorgungsnetze und deren Betreiber noch nicht ausreichend eingestellt sind. Ich gehe zudem von weiteren politischen Korrektur- und Entwicklungsmaßnahmen aus, welche die Anforderungen an die Marktteilnehmer weiter modifizieren werden. Vermutlich werden in diesem Wettbewerbsumfeld nicht mehr zwangsläufig die „Großen“ die „Kleinen“ schlucken, sondern die „Schnellen“ in ihren Tätigkeitsbereichen die“ Langsameren“ hinter sich lassen.

Connected Industry: Nicht nur die Energiewende ist politisch beschlossen, auch die Digitale Agenda treibt eine Revolution bei fast allen deutschen Unternehmen an. Sind diese Ziele komplementär?

Aus meiner Sicht ist die Energiewende nicht ohne Digitalisierung umsetzbar oder anders gesagt auch ohne Digitale Agenda würden intelligente Netze, Anlagen und deren Mess- und Regelungstechnik samt damit verbundener digitaler Kommunikationswege und entsprechender Bewirtschaftungs- und Vermarktungskonzepte Einzug halten.

Connected Industry: Im Maschinenbau wird der Begriff „Industrie 4.0“ meistens sehr eng gefasst, wir von Connected Industry definieren in größer, inklusive den Konzepten Smart Car und Smart Grid. Welche Rolle spielt der Begriff in Ihrer Branche?

Der Begriff Energiewirtschaft 4.0. ist ebenfalls geläufig und stellt oft die Digitalisierung bzw. die IT-Infrastruktur und -Intelligenz in den Fokus zukünftiger Geschäftsmodelle. Anderenorts wird mit „4.0“ gern auch die interne digitale Arbeitswelt umschrieben. Wir bei e2m bilden in der Marktrolle eines Aggregators mit einem sogenannten Virtuellen Kraftwerk bereits im Kern die 4.0-Welt ab. Das bedeutet, das Geschäftsmodell der e2m ist an sich digital und auf einer intelligenten, komplexen und hochperformanten IT-Infrastruktur basierend. Das sich daran orientierend auch die interne Arbeitswelt und die Toollandschaft weitreichend digital abspielen ist dann quasi eine direkte Folge unseres Geschäfts.


Hinweis der Redaktion:

Connected Industry e.V. plant für den Frühjahr 2017 einen Arbeitskreis zum Thema Digitalisierung und Big Data in der Energiebranche, der Arbeitskreis Smart Metering Analytics.
Sie kommen aus der Energiebranche und möchten an der Ausarbeitung von Konzepten und Geschäftsmodellen partizipieren? Dann nehmen Sie mit uns Kontakt auf!

zum Arbeitskreis!

Connected Industry: Aktivieren Sie dabei die Ideen der Industrie 4.0 auch für die interne Anwendung, also zur Flexibilisierung und Optimierung von Prozessen?

Wie gesagt, fokussieren wir uns in der Auseinandersetzung mit Industrie 4.0. in erster Linie auf chancenreiche Weiterentwicklungen unserer Geschäftsideen und Leistungen, um als Anbieter besonders zukunftsfähiger Lösungen selber Akzente setzen zu können. Im Bereich der Flexibilisierung und Optimierung von Geschäftsprozessen sind wir als junges und schnell wachsendes Unternehmen zunächst gefordert, neben modernen und innovativen Ansätzen, massentaugliche Kernprozesse nach industriellen Standards zu etablieren und zu beherrschen. Hier geht es uns natürlich darum, möglichst zeitgemäße und für unser Geschäft passende Formate und Methoden zu adaptieren oder entsprechend weiterzuentwicklen.

Connected Industry: Die Energiebranche wird von Big Data Experten als riesige Datenquelle angesehen. Mit welchen Daten werden Sie konfrontiert?

Wir verarbeiten täglich eine große Menge von Daten bei der Vernetzung vieler tausend Erzeugungs- und Verbrauchsanalgen. Mit jeder Produkt- bzw. Leistungserweiterung nimmt dieses Volumen zu. Hinzu kommt die Unterscheidung zwischen Stamm- und Bewegungsdaten. Letztere werden teilweise im Sekundentakt mit dezentralen Einheiten ausgetauscht, zentral verarbeitet und größtenteils über längere Zeiträume archiviert. Daraus entstehen heute schon gewaltige Volumen mit unterschiedlicher Anforderung bezüglich Zugriffs-, Archivierungs- und Transaktionsgeschwindigkeit.

Connected Industry: Verfügen Sie, wie in vielen Unternehmen bereits üblich, über ein zentrales Data Lab? Setzen Sie dabei auf eigene Data Scientists oder auf externe Dienstleister?

Wir bei e2m entwickeln unsere IT-Kernkomponenten selber und unterhalten dafür einen internen Bereich Softwareentwicklung. Dort sind solche Stellenprofile wie das eines Data Scientists bzw. aus dem Umfeld des Operations-Research angesiedelt.

Connected Industry: Welche Mehrwerte, die bisher noch nicht genutzt werden, vermuten Sie in den Daten der Energieerzeugung und -bereitstellung?

Ich denke einer der größten Werte an sich ist die Echtzeit-Information zum aktuellen Erzeugungs- oder Verbrauchsverhalten auf der einen Seite und die ebenfalls Echtzeit-Information zur aktuellen Marktlage bezüglich Angebot und Nachfrage bzw. Preis. Wer beides – Position und Option – in eine Interaktion bringen kann und aktiv handeln bzw. regeln kann, kann solche Mehrwerte generieren. Darüber hinaus sehe ich einige Potentiale im Bereich der lokalen Standortoptimierung oder etwa in der operativen Betriebsführung von technischen Anlagen, zum Beispiel mit Monitoring- oder Massaging-Diensten.

Empfang der Regierungsdelegation aus China in Berlin

Am 22. November 2016 empfing Connected Industry e.V., der Verband für Digitalisierung und Vernetzung, eine Regierungsdelegation aus der VR China in Begleitung des chinesischen Verbandes SASAC (State-owned Assets Supervision and Administration Commission of the State Council).

Benjamin Aunkofer, Vorstand von Connected Industry, stellte den 25 chinesischen Vereinskollegen und Beamten über folgende Agenda den aktuellen Stand der Industrie 4.0 in China vor:

  • Vorstellung Connected Industry
  • Neue Geschäftsmodelle im technologischen Wandel
  • Digitalisierung der Produktion – Wie?
  • Probleme und Grenzen von I 4.0

Im Anschluss and as dreistündige Zusammentreffen auf fachlicher Ebene, wurde die zukünftige Zusammenarbeit mit dem SASAC bei einem gemeinsamen Abendessen besprochen und zum Abschluss gebracht.

Foto nach dem Abendessen mit der chinesischen Delegation in Berlin

Zu den Teilnehmern des Treffens auf chinesischer Seite gehörten, ohne Nennung der Namen:

Department Head of the China Iron & Steel Research Institute Group
Chief Information Officer of the  China Railway Rolling Stock Corporation
Deputy Minister of the Aviation Industry Corporation Of China
Assistent General Manager of the Baosteel
Dean of the China Academy of Machinery Science and Technology
Chairman of the China Aerospace Science and Technology Corporation
Deputy Chief Engineer of the China Communications Construction Group
Deputy General Manager of the China Electronics Corporation
Deputy Director of the China Electronics Technology Group Corporation
Chairman of the China National Machinery Industry Corporation
Deputy General Manager of the China North Industries Group Corporation
General Manager of the China Shipbuilding Industry Corporation
Deputy General Manager of the China South Industries Group Corporation
Assistent General Manager of the China State Shipbuilding Corporation
Deputy General Manager of the China XD Group
Director of the Dongfeng Motor Corporation
Minister of the Haerbin Electronic Corporation
Senior Staff of the Planning and Development Bureau of SASAC
Vice Inspector of the Planning and Development Bureau of SASAC
Deputy Director of the SASAC of Dalian
Deputy Director of the SASAC of Jiangsu Province
Chief Economist of the SASAC of Shenzhen
Deputy Director of the SASAC of Zhejiang Province
Senior Staff of the State Administration Of Foreign Experts Affairs P.R.China
Deputy General Manager of the Xinxing Cathay International Group

Interview – Digitalisierung im Banking

Interview mit Dirk Elsner, Senior Manager für Digitalisierung & Innovation bei der DZ Bank

dirk-elsner-dz-bankDie DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, Frankfurt am Main, gehört mehrheitlich rund 1.000 Genossenschaftsbanken in Deutschland. Als Zentralbank und Spitzeninstitut hat sie den Auftrag, die Geschäfte der vielen eigenständigen Genossenschaftsbanken vor Ort zu unterstützen und ihre Position im Wettbewerb zu stärken.

Connected Industry: Wie war Ihr Weg hin zum Senior Manager Digitalisierung und Innovation bei der DZ Bank?

Mit dem Thema Innovation und Digitalisierung beschäftige ich mich seit Mitte der 90er Jahre. Daneben war ich bei Banken in der Produktentwicklung tätig und habe mich um verschiedene Fachbereichsthemen – auch in der Unternehmensberatung – gekümmert. Parallel habe ich mich relativ früh mit der Fintech-Szene, die damals noch New Banking oder Banking 2.0 hieß, beschäftigt und und mit in meinem Blog mit neuen Entwicklungen in diesem Umfeld befasst. Darüber sind sehr früh Kontakte zu den ersten Fintechs entstanden. In der Unternehmensberatung, für die ich vorher gearbeitet habe, hatten wir ab 2010 bereits die ersten Projekte in diesem Bereich.

Parallel halfen meine Kolumnen „Bankenwandler“ für das Wall Street Journal Deutschland und „Finanzevolution“ für Capital bei der Vernetzung.

Connected Industry: Wie begegnen Sie den Herausforderungen im Kontext der Digitalisierung im Bankenbereich?

Digitalisierung ist zunächst nur ein Teilbereich der Innovation. Man muss hier beachten, dass es auch zahlreiche weitere Innovationsfelder außerhalb der Digitalisierung gibt. Ich freue mich, wie breit die DZ Bank Gruppe mit Blick auf Innovation und Digitalisierungsaktivitäten aufgestellt ist. Eine Aufgabe unserer Abteilung ist es, diese Aktivitäten, die dezentral stattfinden, transparent zu machen. Daneben kümmern wir uns um Themen im Innovationsmanagement: Wie kann man mit neuen Arbeits- und Projektmethoden die Veränderung unterstützen? Im Wettbewerb mit den Fintechs sehen wir, dass hier ganz andere Geschwindigkeiten und Methoden gefragt sind, um Innovation umzusetzen. Dabei unterstützen wir die Fachbereich und Tochterunternehmen, stellen Plattformen und Methonden für die Innovationsförderung zur Verfügung, wie z. B. das Innovation Lab, das wir erst kürzlich gestartet haben. Wir unterhalten zudem sehr intensive Kontakte zu Fintechs, die wir weiter auf- und ausbauen.

Connected Industry: Was kann man von Fintechs lernen?

Zum einen sind es die Methoden wie neue Formen der Produktentwicklung und vor allem auch die konkreten Produkte. Wir sehen viele interessante Ideen im  Fintech-Bereich, an die sich Banken vorher noch nicht heranwagten. Durch den Dialog mit Fintechs erhalten Banken viele Inspirationen und konkrete Produkte.

Connected Industry: Wohin wird sich das Thema „Digitales Banking“ entwickeln?

Wir werden sehen, dass alles, was digitalisierbar ist, digitalisiert werden wird. Und hier ist der Weg noch weit. Es gibt viele Prozesse in Richtung Regulatorik, Meldewesen oder interne Prozesse in Banken, die noch auf Veränderungen warten. Ein hohes Maß an Digitalisierung ist erreicht, wenn keine Medienbrüche mehr vorliegen und verschiedenste Endgeräte, egal ob PC, Tablet oder Handy Informationen weiterreichen können. Der Grad der Automatisierung wird zudem deutlich ansteigen. Im Bankenumfeld werden mehr Drittanbieter an- und eingebunden werden. Ich denke, wir stehen erst am Anfang der Veränderung. Ich sehe zudem, dass Banken und Fintechs stärker zusammenarbeiten werden.

Darüber hinaus kann es auch zu Überraschungen am Markt kommen, durch Teilnehmer, mit denen früher niemand gerechnet hat.