Interview – Digitalisierung bei der Prettl Unternehmensgruppe

Interview mit Dr. Thomas Burkhart, CIO, Prettl Unternehmensgruppe

Automotive, Appliance Solutions, Electronics, Energy und ProSys – 5 Geschäftsbereiche, die durch die Prettl Produktions Holding GmbH, die Prettl Beteiligungs Holding GmbH und die Prettl Stiftung gemeinsam bedient werden. Zusammen ergeben Sie die Prettl Unternehmensgruppe, einen erfolgreichen, international agierenden Unternehmensverbund mit über 9.500 Mitarbeitern. Diese arbeiten an mehr als 35 Standorten in über 25 Ländern in vollkommen eigenständigen Firmen.

Connected Industry: Welcher Weg hat Sie an die Spitze der IT der Prettl Unternehmensgruppe geführt?

Nach Abschluss meines betriebswirtschaftlichen Studiums an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken erhielt ich die Möglichkeit im Bereich der Wirtschaftsinformatik am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) über flexibles Prozessdesign zu promovieren. Während meiner Promotionszeit war ich allerdings vornehmlich mit der Bearbeitung von Beratungsprojekten für den Anlagen- und Energiesektor betraut und habe mich dort schnell auf die Bereiche Prozess- und SAP-Beratung spezialisiert.

Nach meiner Zeit am DFKI führte mich mein Weg zu Prettl, zunächst als Assistent des Gesellschafters. Meine nächste Aufgabe in der Gruppe bestand dann im Aufbau und Führung eines globalen SAP-Teams zur Implementierung einer gruppenweiten SAP-Roll-Out-Strategie. Diese Aufgabe wurde dann im nächsten Schritt mit der Leitung der IT-Abteilung zur heutigen CIO Stelle komplementiert.

Connected Industry: Wie lässt sich ein Konglomerat aus vielen unterschiedlichen Unternehmen steuern?

Die Prettl Unternehmensgruppe wird als dezentraler Unternehmensverbund geführt, die in notwenigen Fachbereichen – bspw. IT/SAP – durch zentrale Strukturen verbunden sind. Ziel ist es, durch die Vorgabe von zentralen Prozessen und Regularien, den einzelnen Einheiten einen möglichst großen lokalen Handlungsspielraum zu geben, ohne aber die notwendige Struktur und Einheitlichkeit einer globalen Gruppe aufzugeben. Genau diese Struktur wird von der zentralen IT/SAP-Abteilung überwacht und in Form einer Matrixorganisation gesteuert. Wir nennen dies auch gerne „Autonomie mit Spielregeln“.

Connected Industry: In welchen Bereichen Ihrer Unternehmensgruppe gibt es Ansatzpunkte für Digitalisierung?

Der größte Teil von Prettl ist im Automotive-Sektor angesiedelt. Dort ist es im Rahmen der hoch strukturierten Supply Chain, die die Automobilindustrie auszeichnet, sehr schwer eigene Revolutionen über digitale Geschäftsmodelle zu realisieren. Dennoch sehen wir Themen wie Industrie 4.0 und Digitalisierung als große Chance zur Verbesserung unserer Prozesse. Derzeit verfolgen wir bspw. Ansätze zur Implementierung eines digitalen Schattens unserer Fertigungen um unsere Prozesse transparenter und vergleichbarer zu gestalten. Sich daraus ergebende Optimierungspotenziale können dann als Leassons learnt in alle unsere Fertigungen einfließen.

Zudem evaluieren wir Möglichkeiten im Bereich des predictive Maintenance, in dem wir gerade für unsere hoch technisierten Standorte hohe Optimierungspotenziale sehen.

Connected Industry: Wo liegen die Herausforderungen, um beim digitalen Wandel Schritt halten zu können?

Am Markt lassen sich derzeit etliche Ansätze und Lösungen aus dem Bereich der Digitalisierung finden. Ein grundlegendes Problem für uns – und sicherlich auch für andere – ist die benötigte einheitliche Infrastruktur, Datengrundlage und Qualität, welche benötigt wird, um Prozesse vollständig digital abbildbar und auch simulierbar zu gestalten. Als Beispiel sei spezifische Sensorik in Systemen, aber auch Maschinen genannt.  Aus meiner Sicht stellt der Aufbau solcher „digitaler Schatten“ sowie die Implementierung von Tools, mit welchen Unternehmen befähigt werden aus den entsprechenden Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen eine der größten Herausforderungen dar. Nichts desto trotz denke ich, dass wir am Standort Deutschland im Allgemeinen, und bei Prettl im speziellen hier aber auf dem richtigen Weg sind.

 

Buchempfehlung: Die Geschichte vom Lochstreifen bis zur Cloud

In dem Buch Die digitale Fabrik beschreibt der Autor und unser Vereinsmitglied Johann Hofmann den Entwicklungspfad zur digitalen Hochleistungsfertigung und spannt einen zeitlichen Bogen von 26 Jahren: Ausgehend von der Digitalisierung des Lochstreifens im Jahre 1990 bis zur Implementierung eines Assistenzsystems in der „German Public Cloud“ im Jahre 2016.

In anschaulicher Weise erläutert Herr Hofmann in einer bewusst nicht wissenschaftlich gewählten Schreibweise die Schritte von der Digitalisierung über die digitale Transformation bis hin zur digitalen Fertigung und lässt den Leser teilhaben an den Erfahrungen, Erkenntnissen und Irrwegen auf diesem Weg. Das Buch ist im weitesten Sinn ein Erlebnisbericht und lesbar wie ein Roman.



Die digitale Fabrik: Auf dem Weg zur digitalen Produktion
Konkret erläutert der Autor in seinem Buch die technologischen Voraussetzungen, die bei der Digitalen Transformation beachtet werden müssen:

  • Vernetzung von Datensystemen
  • Notwendige Datenqualität
  • Intelligente Assistenzsysteme
  • Datenkommunikation

Dem Thema Datensicherheit und Cloud wird jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet. Des Weiteren werden qualitative und quantitative Potenziale von Industrie 4.0-Bausteinen betriebswirtschaftlich beleuchtet und ein abschließender Ausblick in die Zukunft gegeben.

Hinweis: Lesen Sie auch das Interview mit Herrn Hofmann durch Connected Industry e.V.