Interview – Effektive Kundenbindung dank data-driven Customer Intelligence

joachim_becker_miles_moreHerr Joachim Becker ist Director Analytics & Customer Intelligence bei Miles & More. Dank seiner langjährigen Erfahrung im Bereich der Analyse von Kunden- und Verkaufsdaten sowie seiner Leidenschaft für die Kombination von Analysemethodik mit Psychologie- und Marketing-Know-how gilt der Diplom-Kaufmann als einer der führenden Experten für Customer Analytics. 

Connected Industry: Herr Becker, welcher Weg hat Sie bis an die Spitze der Data Analytics bei Miles & More geführt? Und welche speziellen Kenntnisse erfordert Ihre Rolle im Unternehmen?

Ich bin seit Jahresanfang 2016 bei Miles & More als Leiter der Analytics & Customer Intelligence tätig. Meinen beruflichen Einstieg in datengetriebene Themen fand ich allerdings bereits 1990, also gleich nach meinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität zu Köln. Der Grundstein für diesen Einstieg wurde in meinem Studium gelegt, das einen Schwerpunkt auf Marketing hatte – damals schon mit einem quantitativen Touch. Meine Diplomarbeit habe ich über das datenbasierte Marketing geschrieben und wollte infolgedessen in bzw. mit Geschäftsmodellen arbeiten, die viel mit der Nutzung von Daten zu tun hatten. Besonders interessiert hat mich dabei von Anfang an, vernünftige Aussagen über Kundenbedürfnisse und -verhalten auf Grundlage von Datenmodellen treffen und dieses Wissen und die Daten dadurch nutzen zu können.

Ich hatte unterschiedliche Leitungsfunktionen  für das datengetriebene Marketing inne, etwa bei dem Versandhändler Quelle, bei Bertelsmann, Payback und T-Online, bei einigen Banken, zuletzt als Direktor Marketing und Kundenservice bei der TARGOBANK. Nun möchte ich den Ausbau des datengetriebenen Geschäftsmodells bei Miles & More vorantreiben.

Meine Position erfordert Kenntnisse über die Methoden und Tools der Datenanalyse, Statistik und Datenbanken. Daneben ist ein möglichst umfassendes Verständnis rund um Marketing, Vertrieb und Service aus  unterschiedlichen Industrien und Märkten notwendig  – und die nötige Vorstellungskraft, welche Mehrwerte aus Daten geschöpft werden können.

Connected Industry: Das Unternehmen Miles & More ist ein Musterbeispiel für Customer Analytics. Von Ihren Kundenbindungs- und Zusatzgeschäften profitieren hunderte Kooperationspartner. Welche Rolle spielen Daten denn nun wirklich für die Kundenbindung?

Miles & More ist das größte Vielflieger- und Prämienprogramm in Europa. Über 20 Jahre Erfahrung und die Zusammenarbeit mit etwa 40 angebundenen Airlines sowie weiteren 270 Partnern außerhalb der Luftfahrt, machen uns zu einem Experten für erfolgreiche Kundenbindung.  Wir erweitern kontinuierlich unser Portfolio außerhalb der Welt des Fliegens, um für unsere Teilnehmer noch relevanter zu werden. Ziel ist es in allen wichtigen Bereichen des Lebens, Möglichkeiten anzubieten, Meilen zu sammeln und einzulösen – dabei stehen natürlich in erster Linie Marken im Vordergrund, die zur Miles & More Welt passen, um daraus Synergien zu gewinnen.

Daten sind dabei die zentrale Triebfeder, um zeitgemäße Kundenbindung betreiben zu können. Im Grunde ist unsere Vision für unsere Teilnehmer und Partner in wenigen Worten zum Ausdruck zu bringen: First Choice in  Loyalty & Customer Insight.

Nur mit datengetriebenen Geschäftsmodellen, und dafür sind wir ein Paradebeispiel,  können wir höheren Kundenzuspruch und Kundenbindung in Zukunft erzielen – und damit letztendlich ein rentables Wachstum für unsere Kooperationspartner ermöglichen. Das bedeutet im Kern, dass wir mit Entschlossenheit und natürlich der nötigen Professionalität und Sorgsamkeit in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit das Verhalten der Kunden unserer Kooperationspartner analysieren, daraus Modelle entwickeln und diese Informationen in Mehrwert für beide Seiten übersetzen. Somit können wir wissensbasierte und konsistente Kundendialoge aufbauen und über lange Distanzen aufrechterhalten. Was wir dabei immer wiedersehen: Das Kundenverhalten wird immer dynamischer und heterogener! Das bedeutet für uns, dass wir immer schneller und passgenauer reagieren müssen.

Connected Industry: Sie ziehen immer wieder neue Erkenntnisse aus den Daten für Ihre Kooperationspartner. Könnte man behaupten, dass Sie ein Data Lab für Ihre Kooperationspartner darstellen?

Nicht nur, aber auch. Unter einem Data Lab verstehe ich, dass man mit einem Labor-Setting, innovativen Tools und Verfahren neue Lösungen der Datennutzung als Prototyp erarbeitet. Genau das tun wir  und setzen dafür aktuell zahlreiche  Data Scientists ein.

Connected Industry: Welche Prototypen entwickeln Sie denn und welche Herausforderungen gibt es dabei?

Data Scientists, also die Leute mit dem interdisziplinären Know-how der datenbasierten Erkenntnisgewinnung, sind noch immer nicht so leicht zu finden. Wir tauschen uns z.B. gerade mit der TU Darmstadt aus und nutzen ein Set-up, in dem angehende  Data Scientists in unserem Data Lab mitarbeiten können.

Wir können diese allerdings nicht auf unseren laufenden Systemen arbeiten lassen, sondern schaffen gesicherte Bereiche, auf denen sich die Datenexperten „austoben“ können. Dabei experimentieren wir mit neuen Analysemethoden auf separierten Datenbeständen.

Ein beispielhaftes Projekt, an dem wir gerade arbeiten, ist eine mobile App für iOS und Android, die den iBeacon-Standard nutzt. Sie verknüpft die digitale Welt mit den realen Räumlichkeiten des Point of Sale unserer Partnerunternehmen, so zum Beispiel mit einer Filiale eines Einzelhändlers. Betritt der Kunde die Räumlichkeiten des Partners, bekommt er über die Miles & More App besondere Angebote auf sein Smartphone, die genau auf seine Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Connected Industry: Mit der Umsetzung derartiger digitaler Strategien können weit mehr Daten generiert und ausgewertet werden. Welche Methoden und Tools setzen Sie dafür ein?

Vieles im Bereich der Advanced Analytics läuft über klassische Anwendungen der multivariaten Statistik  mit den Tools von SAS.

Außerdem errichten wir eine Challenger-Umgebung, in der wir auf Open Source setzen. Diese nutzen wir aktuell jedoch überwiegend noch zur Erprobung. Beispielsweise setzen wir Data Mining Projekte produktiv mit dem SAS Enterprise Miner um, parallel arbeiten wir daran mit Python oder R und schauen, wie sich die Ergebnisse dadurch unterscheiden können.

Connected Industry: Viele CIOs steuern immer mehr auf den Einsatz von Open Source zu, warum stehen Sie zu den lizenzpflichtigen Lösungen größerer Technologieanbieter?

Ich denke, dass wir eher die Nutzung von SAS-Tools ausbauen werden, denn wir finden immer wieder gute Leute, die SAS-Know-how aus unterschiedlichen Branchen und Fachbereichen mitbringen. Proprietäre Anbieter wie SAS bieten zudem eine verlässliche und stabile Plattform für unsere Analysen.

Das soll allerdings nicht heißen, dass wir nicht die Augen für andere Tool-Anbieter und Open Source offenhalten, im Gegenteil: Wir wollen unsere Methoden und Tools bewusst gegeneinander antreten lassen.

Connected Industry: Werden auch Daten aus externen Quellen verwendet?

Zunehmend, aber im Moment noch recht begrenzt. Zum einen nutzen wir bereits Daten mit einem räumlichen Bezug (Geodaten), z.B. um Einzugsgebiete rund um eine Partnerfiliale hinsichtlich regionaler Kundenvorlieben zu analysieren. Zum anderen beginnen wir damit, Daten aus sozialen Medien für den persönlichen Kundendialog nutzbar zu machen.

Connected Industry: Wie sehr schränkt Sie der deutsche Datenschutz bei Ihrer Arbeit ein?

Für uns ist es sehr gut, dass es einen gesetzlichen Datenschutz gibt, denn so haben wir klar definierte Grenzen, in denen wir uns bewegen dürfen. Dies schafft auch eine verlässliche Basis für unsere Partner und die Miles & More Teilnehmer. Daten sind unser Kapital und wir behandeln sie entsprechend. Wir geben keine Kundendaten nach außen weiter und ein Verkauf von Kundendaten ist für uns ein absolutes Tabu.

Connected Industry: Welche Vision haben Sie für eine data-driven Company?

Ein datengetriebenes Unternehmen nutzt Daten um Kundenbedürfnisse laufend ermitteln und besser verstehen zu können – und um diese dann auch wirklich zu befriedigen. Das Wissen kann aber auch genutzt werden, um Produkte und Services noch mehr am Kunden auszurichten. Viele traditionelle Entwicklungsprozesse funktionieren noch so, dass man ein bestehendes Produkt nimmt und nur analysiert, welcher Kunde sich für welche Produkte im Bestand interessieren. Ein datengetriebenes Unternehmen agiert grundsätzlich anders, denn es entwirft Produkte von Anfang an basierend auf Kundenbedürfnissen.

 

Interview – Bedeutung der Digitalisierung für den eCommerce

Die Chal-Tec GmbH ist ein internationales Vertriebs- und Handelsunternehmen für Consumer Electronics, Home & Living sowie Sports & Health Produkte. Mit über 300 Mitarbeitern an Standorten in Deutschland, der Slowakei und Asien zählt die Gesellschaft Europaweit zu den marktführenden Händlern im Elektroniksegment. Die inhabergeführte Company ist Vorreiter in vielen Segmenten und setzt auch in Logistik und Vertrieb auf neue Wege. Dabei vereinen sich die Potentiale modernster E-Commerce Strategien und bewährter Konzepte der ursprünglichen Handelsgesellschaft und wahren so eine authentische Balance aus Tradition und Moderne. Die größte eigene Handelsplattform electronic-star.com vertreibt aktuell über 7.000 Produkte in 18 europäische Länder.

Das Gespräch wurde geführt mit Mariana Lewitanus, Head of Brand Management
und Dennis Konrad, Head of IT.

Connected Industry: Bitte skizzieren Sie die Entwicklung von Chal-Tec hin zu einem internationalen E-Commerce Unternehmen

Unser CEO und Eigentümer Peter Chaljawski hat vor elf Jahren damit begonnen, sich auf Elektronikprodukte und E-Commerce zu fokussieren. Das sind bis heute die zwei wichtigsten Bestandteile unseres Geschäftsmodells und seit jeher Grundstein unserer DNA. Zunächst wurde auf Marktplätzen mit DJ Equipment gehandelt, aber bereits ab dem zweiten Jahr hat das anfangs noch sehr kleine Team damit begonnen, selbst Produkte mit Partnern in Asien herzustellen. Heute führen wir eigene Produktmarken und vertreiben diese in 18 europäischen Ländern mit 350 Mitarbeitern. Wir haben neben unserem Stammsitz in Berlin ein weiteres Office in Bratislava, von wo aus wir den Support für die osteuropäischen Länder vornehmen und ein großes Office in Hongkong – dort geht es v.a. um Qualitätsmanagement und die Anbindung zu unseren Lieferanten. Die Produktmarken reichen von Marken im Living Bereich über Sport Marken bis hin zu hochwertigen Audio Marken und DJ Equipment – dem Grundstein, von dem aus alles begonnen hat. Wir haben im letzten Jahr zum 10 jährigen Bestehen die 100 Mio. EUR Umsatzgrenze erreicht und sind auch in diesem Jahr weiter auf Wachstumskurs.

Connected Industry: Wie machte sich die Verbindung von Innovation und Tradition in ihrem Geschäftsmodell bemerkbar?

Uns erden vor allem unsere Produktmarken, die wir selbst entwickeln und vertreiben. Als Markenhersteller haben wir eine große Verantwortung gegenüber unseren Kunden. Das ist der traditionelle Bereich unseres  Geschäfts. Der innovative Bereich sind die digitalen Vertriebsstrukturen und das große Thema Online Branding – wir entwickeln und bauen Online Marken, das ist in Deutschland heute noch selten anzutreffen. Wir bieten bspw. Kundensupport via Social Media an und versuchen  in allen Bereichen innovative Wege zu gehen. Chal-Tec ist durch die vielen Auslandsmärkte, auf denen wir agieren, entsprechend international aufgestellt. Wir sind nicht nur ein Multi-Brand Unternehmen, sondern agieren auch im Multi-Channel Vertrieb.

Connected Industry: Welche Bedeutung hat dabei das Schlüsselthema Big Data?

Big Data, die Nutzung der vorhandenen Daten im Unternehmen, ist ein großes Thema. Einkaufsdaten, Tracking Informationen aus dem Netz – hier läuft eine große Menge zusammen. Hierfür haben wir auch eigene Systeme geschaffen.

Connected Industry: Wo möchten Sie in zehn Jahren stehen?

Wir wollen mit unseren Produkten  ganz vorne in den virtuellen Warenregalen des Internets stehen. Überzeugende Produkte zu erschaffen und das positive Kundenfeedback, schöne Einkaufserlebnisse zu kreieren – das sind die Dinge, die uns dabei antreiben.

Connected Industry: Wie würden Sie Ihre Unternehmenskultur beschreiben?

Unsere Unternehmenswerte  spiegeln unsere Kultur sehr gut wieder. Wir sind ein  junges und internationales Team, indem eine offene Kommunikation, flache Hierarchien und ein hohes Maß an Professionalität unkonventionell gelebt werden. Man hört bei uns viele Sprachen und hat hier die Möglichkeit auf Menschen mit unterschiedlichstem Background zu treffen.

Connected Industry: Wie sieht der optimale Bewerber für Chal-Tec aus, wer passt zu Ihnen?

Das fachliche Thema, z.B. Programmiersprachen ist das Handwerkszeug. Zunächst schauen wir jedoch, ob es vom Spirit des Bewerbers her passt – damit meinen wir nicht nur den Teamfit sondern insbesondere, ob ein echtes Interesse am Online-Handel besteht.

 

Interview – Digitalisierung in der Luftfahrtindustrie

Interview mit Dr. Schütz, CIO aller Fluglinien der Lufthansa Group, über die Digitalisierung in der Luftfahrtindustrie

roland-schuetz-lufthansaDr. Roland Schütz ist Chief Information Officer (CIO) aller Fluglinien in der Lufthansa Group. Neben den Premium-Hub-Airlines Lufthansa, Austrian Airlines und Swiss gehören dazu auch die Flugbetriebe der Eurowings. Dr. Schütz bündelt in der neuen Rolle alle relevanten Digitalisierungsprogramme IT-seitig. Er arbeitet seit 2005 für die Lufthansa Group. Der promovierte Physiker war zunächst Chief Operating Officer Infrastructure Services bei Lufthansa Systems, einer IT-Tochter des Lufthansa-Konzerns. 2010 übernahm er die Verantwortung für den IT-Bereich der Fracht-Tochter Lufthansa Cargo, ehe er 2014 zum CIO des größten Geschäftsbereichs Lufthansa Passage berufen wurde.

Connected Industry: Was bedeutet Digitalisierung für die Lufthansa?

Wir haben grundsätzlich über den Konzern hinweg drei Zielgruppen: B2B, B2C und B2E zum Mitarbeiter hin. Im Bereich der Commercials – B2B und B2C – haben wir die Herausforderung, dass wir die Kunden mittlerweile viel besser kennenlernen wollen und können als es in der Vergangenheit möglich war. Früher gab es nur den Premium- und Statuskunden, um den man sich personalisiert gekümmert hat. Jetzt ist es möglich, ein individualisiertes Profil unserer Gäste zu ermitteln und ihn auf seiner Reise individuell zu begleiten sowie seinen spezifischen Bedürfnissen entsprechend Dinge anzubieten. Wir wiederholen damit eine Entwicklung, die vor einigen Jahren in der Retail-Industrie stattgefunden hat – diese überträgt sich nun auf die Travel- und Transportbranche. Es bleibt somit nicht bei einem anonymen Gast sondern man möchte wie andere Mobilitätsdienstleister auch der Travel-Companion sein, der über das gesamte Reisen über mehrere Verkehrsträger hinweg auch am Zielort den entsprechenden Kunden berät und ihm individuelle Angebote macht. Die ganze Digitalisierung entwickelt sich ja dahin, nicht nur die eigenen Assets zu managen sondern auch die Dritter, z.B. Hotels. Es geht darum, eine ganzheitliche Erfahrung auf direkten Vertriebskanälen zu ermöglichen und damit ein Stück vom klassischen Vertrieb von Flugtickets über Reisebüros und etablierten Wegen wegzugehen. Das tut sich im groben Überblick auf der Commercial Seite im Hinblick auf B2B und B2C. Was nun den Mitarbeiter angeht, statten wir unsere mobile, globale Workforce mit Smart Phones aus, damit unsere Crews keine Informationsnachteile gegen unseren Gästen haben, die sich über ihre eigenen Smartphones beliebig mit Informationen versorgen können. Dies sind die Haupttrends. Weiter ist noch das Connected Aircraft hinzuzufügen, also Flugzeuge werden zu fliegenden Rechenzentren. Dies gibt uns einerseits die Möglichkeit den Passagier breitbandig online zu bringen und der letzte weiße Fleck auf der Verkaufslandkarte kann damit noch gefüllt werden: Während des Fluges ist die Möglichkeit optimal, dem Passagier Angebote zu machen. Da arbeiten alle Fluggesellschaften mit entsprechenden Partnern daran, diese Lücke zu schließen und den Gast individuell zu betreuen und die Daten die dabei anfallen, werden bei dessen Einverständnis den Kundenprofilen zugeführt und führen zu einer verbesserten Kenntnis der Vorlieben. Das ist, was uns treibt zum Thema Digitalisierung. Heute ist es so, dass jede Schnittstelle zwischen uns und dem Passagier elektronifiziert ist – schon das Einsteigen in ein Flugzeug ohne IT-Unterstützung erheblich länger dauern. Wir können unsere Prozesse gar nicht mehr fahren ohne dass sie vollständig digitalisiert wären. Was jetzt noch dazu kommt ist das Thema Mobile Endgeräte für alle und Unbegrenzter Datenzugriff durch Trends wie Big Data und Analytics, das führt zu den eben beschriebenen Entwicklungen. 

Connected Industry: Ist auch das Thema Autonomes Fliegen ein Thema?

Es gibt seit vielen Jahren einen Autopilot im Flugzeug. Je nach Ausstattung der Flughäfen sind auch vollautomatische Landungen möglich. Das ist eine technische Entwicklung die im Flugzeug längst Einzug gehalten hat. Trotzdem wäre es nicht denkbar, dass man zum heutigen Stand der Technik ein Flugzeug ohne Pilot fliegen lassen würde, da es immer Sondersituationen gibt, die vielleicht nicht vorausgedacht sind und man einen Menschen braucht, um finale Entscheidungen zu treffen. Aber technologisch ist dies heute schon automatisiert und die entsprechenden technischen Möglichkeiten sind gegeben. Die Flugzeuge übertragen auch heute schon ständig Daten über ihren Zustand zum Boden und erlauben damit auch eine proaktive Wartung. Aber eine Drohne mit Passagieren an Board – daran denkt im Moment noch niemand. 

Connected Industry: Welche zentralen Herausforderungen gibt es bei Ihrer digitalen Transformation?

Die Hauptsache ist, dass es viel Geld kostet und es hat einige Zeit gedauert, bis die Prioritäten dieser Themen erkannt wurden. Heute ist es so, dass Investitionen in große IT-Systeme denselben Stellenwert haben wie Investitionen in Flugzeuge, was unser primäres Produktionsmittel ist. Das war aber nicht immer so. Wir haben den Trend durchgemacht, den viele IT-Abteilungen hatten, dass sie nur als Kostenfaktor gesehen wurden. Mittlerweile ist die IT ein Mittel zur strategischen Differenzierung: In dem Sinne, wer den Kunden am besten kennt und wer nicht durch Intermediäre wie Online Reisebüros vom Kunden abgeschnitten wird und in eine Commodity Ecke gedrängt wird – nur der kann überleben. Das ist mittlerweile verstanden, dass man für die Digitalisierung die IT braucht, um nicht den Kontakt zum Kunden zu verlieren und dass dieses elektronische Bild der Airlines genauso wichtig ist, wie das freundliche Betreuen oder pünktliches Ankommen.

Connected Industry: Mit Blick auf die Zukunft: Was ist Ihre Vision von der nächsten Stufe der Digitalisierung?

Was generell noch weiter zunimmt ist das Thema Konnektivität – immer und überall. Hier möchte man den Gast nicht einschränken. Zudem ein noch dynamischeres Angebotsverhalten, dass man dem Kunden proaktiv Vorschläge macht mit Preisen, die individuell auf den Kunden zugeschnitten sind. Und dies überwiegend über direkte Vertriebskanäle – das ist ein wesentlicher Trend. Und was nun die übliche Automation von Prozessen am Boden angeht, da spielen Trends wie Industrie 4.0 eine Rolle. Beispielhaft wissen wir, wo die Koffer der Passagiere sind oder können sie verständigen, wenn eine Verspätung eingetreten ist. Wir kennen jedes Flugzeugteil, dass weltweit irgendwo unterwegs ist mit seiner ganzen Historie. Die Kommunikation der einzelnen Assets untereinander wird auch automatisiert und damit werden Kosten gespart. Das ist der wesentliche Automationsteil am Boden.

Ansonsten muss man sehen, dass der Luftverkehr im Jahr je nach Weltregion zwischen 5 und 7% wächst. Das ist ein Ergebnis der Globalisierung und wird dazu führen, dass es noch zu einer weiteren Marktbereinigung im Airline-Umfeld kommt. Speziell in Europa steht dies nun – auch durch den Preiskampf mit den Billigairlines- an. Insofern wird der Wettbewerb noch härter sein und es wird nötig sein im Sinne der Neuordnung von Marktteilnehmern die Produktionsplattformen und dergleichen noch flexibler in unterschiedlichen Airlines zusammenzubinden und damit aus Sicht des Passagiers ein nahtloses Reisen zu ermöglichen. Der Passagier möchte möglichst stressfrei durch den Dschungel von Flughäfen und Airlines durchgeführt werden. Wenn sich jetzt Themen vereinheitlichen, dann muss man die bisherigen Grenzen zwischen den Marken für den Passagier besser gestalten. Wir tun uns heute bei der Lufthansa und der Swiss, die beide zum gleichen Konzern gehören, schwer, das einfache Umbuchen und Umsteigen zwischen den Linien zu erlauben. Solche Barrieren müssen natürlich fallen, das ist die klare Erwartung von den Kunden, insbesondere von den Corporate Kunden.

Connected Industry: Was bedeutet digitale Transformation für den IT-Manager im Hinblick auf veränderte Anforderungen und seine neue Rolle?

Also eines ist das digital Enablement von Unternehmen – auf welchen Feldern sich ein Unternehmen weiterentwickeln muss: Der IT-Manager muss noch dichter an das Business heranrücken und in der strategischen Phase im Bereich des Business Developments an neuen Ideen und Produktgestaltungen mit beteiligt werden. Es kann nicht sein, dass er nur im letzten exekutiven Schritt Teil des Verfahrens wird. In dem Moment wo man anerkennt, dass die IT ein wichtiger Produktionsfaktor ist, muss er den gleichen Stellenwert haben und müssen Pläne, die IT weiterzuentwickeln, entsprechend früh ein Teil der Gesamtstrategie sein. Gerade, wenn es zu Marktveränderungen kommt und Zusammenschluss von Unternehmen, ist die IT als Integrationsfaktor auch erfolgskritisches Element. Insofern muss der IT-Manager von heute schnell, flexibel und auf das Unerwartete eingestellt sein, wenn er wirklich die Entwicklungsgeschwindigkeit von Unternehmen beschleunigt, wird er im Gegenzug auch einbezogen in solche Überlegungen. Wir sind mittlerweile fester Bestandteil des Strategieprozesses und man hört auch auf die IT in dem Sinne, was überhaupt machbar ist und was noch Zukunftsmusik ist – also auch das Thema, dass man ein Technologieradar hat und beantworten kann, was ist 2025 möglich und wie überträgt sich das dann auf die Gesamtperspektive des Unternehmens. Hier hört man dem IT-Manager zu und wenn er da nicht sprechfähig ist, dann sucht sich die Unternehmensleitung andere Wege und Ansprechpartner und dann gerät er wieder in die Position des reinen Fullfillments – das wäre eine verpasste Chance. Das sieht man ja auch an solchen Trends, einen Chief Digital Officer zu ernennen, weil man das Gefühl hat, dass die eigene IT-Abteilung keinen hinreichend aktiven Beitrag zur digitalen Transformation des Unternehmens liefert, dass man da noch eine extra Rolle braucht, um da Gas zu geben. Für mich ist das ein Indiz, dass die IT-Abteilung doch nicht proaktiv genug war oder nicht genügend Transformationsvorschläge gemacht hat, wenn man hier spürt, dass man eine weitere Rolle zusätzlich braucht.

Smarte Produktaufrüstung

Dem IT-Sektor gehen gerade Milliarden durch die Lappen!

Diese provokante These stelle ich guten Gewissens in den Raum. Zwar gibt es einerseits Unmengen an Fachartikeln zum Thema i40, andererseits aber – googeln Sie einfach mal nach entsprechenden Arbeitskreisen zur smarten Produktaufrüstung – gibt es außer staatlichen Initiativen und Global Playern kaum praktisch Verwertbares. Wenn man sich mal beschaut, wie groß der Marktanteil des deutschen mittelständischen Maschinenbaus ist, wird man eines vermissen: Nämlich Tausende von Firmen, die entweder ihre Fertigung oder ihre Produkte mit dem IoT aufrüsten. Sie mögen sich jetzt vielleicht sagen: „Ja, das sind doch langwierige Innovationsprozesse, so was braucht Zeit.“ Ich entgegne solchen Meinungen: Das IoT gibt es praktisch schon seit 2011, doch die Industrie hängt immer noch auf dem Niveau von Studien herum. Und Studie für Studie dürfen wir miterleben, wie wieder und wieder dieselben Fragen gestellt werden. Warum? Sind deutsche Maschinenbauer zu inkompetent? Sind deutsche Informationstechniker etwa zu narzisstisch? Die Antwort auf diese Frage soll es keinem leicht machen, sie soll gerecht sein. Weder das eine, noch das andere trifft zu.

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Bitte drücken!

Es geht nicht darum, dass Informationen nicht verstanden werden. Es gibt nur die falschen Informationen. ITler können sehr wohl stolz auf die technische Errungenschaft des smarten Produkts sein. In der Werbung dazu jedoch allein von der Komplexität und Wissenschaftlichkeit smarter Produkte zu erzählen, haut keinen mittelständischen Industriebetrieb vom Hocker. Insbesondere wenn es sich dabei um Investitionen im sechsstelligen Bereich handelt. Was solche Betriebe brauchen, ist einen Durchblick für ihr operatives Geschäft. Heißt: Mit welchen Fähigkeiten kann ich mein neues Produkt ausstatten? Welche Technik benötige ich dafür? Was haben meine Kunden davon? Und was kostet mich das? Was die Wirtschaft dringend braucht, um für die i40 ein Initial zu zünden, ist: Transparenz. Googeln Sie doch einfach mal: „Smarte Produktaufrüstung“ – und berichten Sie mir von Ihren Erfahrungen!