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Buchempfehlung: Die Geschichte vom Lochstreifen bis zur Cloud

In dem Buch Die digitale Fabrik beschreibt der Autor und unser Vereinsmitglied Johann Hofmann den Entwicklungspfad zur digitalen Hochleistungsfertigung und spannt einen zeitlichen Bogen von 26 Jahren: Ausgehend von der Digitalisierung des Lochstreifens im Jahre 1990 bis zur Implementierung eines Assistenzsystems in der „German Public Cloud“ im Jahre 2016.

In anschaulicher Weise erläutert Herr Hofmann in einer bewusst nicht wissenschaftlich gewählten Schreibweise die Schritte von der Digitalisierung über die digitale Transformation bis hin zur digitalen Fertigung und lässt den Leser teilhaben an den Erfahrungen, Erkenntnissen und Irrwegen auf diesem Weg. Das Buch ist im weitesten Sinn ein Erlebnisbericht und lesbar wie ein Roman.



Die digitale Fabrik: Auf dem Weg zur digitalen Produktion
Konkret erläutert der Autor in seinem Buch die technologischen Voraussetzungen, die bei der Digitalen Transformation beachtet werden müssen:

  • Vernetzung von Datensystemen
  • Notwendige Datenqualität
  • Intelligente Assistenzsysteme
  • Datenkommunikation

Dem Thema Datensicherheit und Cloud wird jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet. Des Weiteren werden qualitative und quantitative Potenziale von Industrie 4.0-Bausteinen betriebswirtschaftlich beleuchtet und ein abschließender Ausblick in die Zukunft gegeben.

Hinweis: Lesen Sie auch das Interview mit Herrn Hofmann durch Connected Industry e.V.

Smarte Produktaufrüstung

Dem IT-Sektor gehen gerade Milliarden durch die Lappen!

Diese provokante These stelle ich guten Gewissens in den Raum. Zwar gibt es einerseits Unmengen an Fachartikeln zum Thema i40, andererseits aber – googeln Sie einfach mal nach entsprechenden Arbeitskreisen zur smarten Produktaufrüstung – gibt es außer staatlichen Initiativen und Global Playern kaum praktisch Verwertbares. Wenn man sich mal beschaut, wie groß der Marktanteil des deutschen mittelständischen Maschinenbaus ist, wird man eines vermissen: Nämlich Tausende von Firmen, die entweder ihre Fertigung oder ihre Produkte mit dem IoT aufrüsten. Sie mögen sich jetzt vielleicht sagen: „Ja, das sind doch langwierige Innovationsprozesse, so was braucht Zeit.“ Ich entgegne solchen Meinungen: Das IoT gibt es praktisch schon seit 2011, doch die Industrie hängt immer noch auf dem Niveau von Studien herum. Und Studie für Studie dürfen wir miterleben, wie wieder und wieder dieselben Fragen gestellt werden. Warum? Sind deutsche Maschinenbauer zu inkompetent? Sind deutsche Informationstechniker etwa zu narzisstisch? Die Antwort auf diese Frage soll es keinem leicht machen, sie soll gerecht sein. Weder das eine, noch das andere trifft zu.

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Bitte drücken!

Es geht nicht darum, dass Informationen nicht verstanden werden. Es gibt nur die falschen Informationen. ITler können sehr wohl stolz auf die technische Errungenschaft des smarten Produkts sein. In der Werbung dazu jedoch allein von der Komplexität und Wissenschaftlichkeit smarter Produkte zu erzählen, haut keinen mittelständischen Industriebetrieb vom Hocker. Insbesondere wenn es sich dabei um Investitionen im sechsstelligen Bereich handelt. Was solche Betriebe brauchen, ist einen Durchblick für ihr operatives Geschäft. Heißt: Mit welchen Fähigkeiten kann ich mein neues Produkt ausstatten? Welche Technik benötige ich dafür? Was haben meine Kunden davon? Und was kostet mich das? Was die Wirtschaft dringend braucht, um für die i40 ein Initial zu zünden, ist: Transparenz. Googeln Sie doch einfach mal: „Smarte Produktaufrüstung“ – und berichten Sie mir von Ihren Erfahrungen!

Interview – Das digitale Hamburg

Interview mit Dr. Sebastian Saxe über die Bedeutung der Digitalisierung und über das neue digitale Hamburg

Dr. Sebastian Saxe ist CIO und CDO der Hamburg Port Authority (HPA), der Verwaltung des Hamburger Hafens. Der Diplom-Mathematiker gilt als ein Pionier in der Digitalisierung der Logistik und ist zudem einer der ersten Chief Digital Officer in einem deutschen Unternehmen.

Connected Industry: Herr Dr. Saxe, welcher Weg hat Sie bis in die Geschäftsleitung des Hamburger Hafens geführt?

Ich bin seit mehr als sieben Jahren bei der Hamburg Port Authority, begann meine Karriere jedoch als wissenschaftlicher Mitarbeiter an zwei Universitäten und danach als Trainee beim Senatsamt der Hansestadt Hamburg. Ich arbeitete in der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde, Baubehörde, Finanzbehörde und übernahm 1997 die Leitung des Landesamts für Informationstechnik. Bevor ich in den Hafen wechselte, war ich als Vorstand für Technik bei Dataport, einem Dienstleister für Informations- und Kommunikationstechnik der öffentlichen Verwaltung, tätig.

Als ich 2009 im Hafen anfing, erwartete ich eine starke IT Durchdringung, wie man sie beispielsweise aus der Automobilbranche kennt. Ein Irrtum. In dieser Zeit beschleunigte sich allerdings der Trend der Digitalisierung und damit verbunden waren Begriffe wie das Internet der Dinge und Big Data. Die  immensen Möglichkeiten für die Logistikbranche und damit für die HPA und den Hafen haben wir erkannt und eine langfristige Strategie zur Implementierung der Digitalisierung in der HPA aufgestellt.

Im Jahre 2012 hat sich die HPA um die Ausrichtung der größten Hafenkonferenz, der International Association of Ports and Harbors (IAPH), beworben, die dann auch 2015 in Hamburg unter dem Motto „smartPORT Hamburg“ stattfand. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir zwar Ideen, aber keine „wahren“ Digitalisierungsprojekte in Umsetzung. 2015 konnten wir dann mehr als 20 digitale Prototypen vorstellen, die in der Hafenlogistik unterstützende Funktionen zum Themenkomplex Smart Port Logistics aufzeigen. Dies war unser konkreter Einstieg in die aktive Umsetzung der Digitalisierung.

Connected Industry: Seit 2013 sind Sie Chief Digital Officer (CDO) der Hamburg Port Authority. Wie kam es dazu und was grenzt einen CDO vom CIO ab?

Während der CIO die Stabilität des Betriebes und die IT-Architektur des Unternehmens vorgibt, treibt der CDO den Fortschritt des Unternehmens auf Basis des digitalen Wandels aktiv voran. Der CDO schafft das Bewusstsein bei der Mitarbeiterschaft, erkennt digitale Geschäftsmodelle und führt das Unternehmen gemeinsame mit dem CEO in das Digitale Zeitalter.  Dieses Jahr 2016 haben wir neben der Innovationseinheit und der operativen IT die Digitalisierung organisatorisch im Unternehmen verankert. Über diese Einheit entwickeln wir Konzepte, wie wir nicht nur mit dem digitalen Wandel Schritt halten, sondern Pionierarbeit leisten können. Wenn sie einmal Innovationsarbeit gemacht haben, wissen sie wie dick die Bretter sind, die sie bohren müssen, aber in der heutigen Zeit ist das wegen des Digitalen Wandels bedeutender denn je. Wir schreiben kontinuierlich unsere Digitalisierungsstrategie fort, auch das ist neu, jedoch müssen wir hier auch umdenken und agiler werden.

Connected Industry: Stehen neue Geschäftsmodelle dabei im Vordergrund?

Bei der Digitalisierung geht es darum, wie traditionelle Prozesse optimiert und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Letzteres steht dabei aus meiner Sicht im Fokus.

Connected Industry: Was setzen Sie aktuell ganz konkret um?

Bei der Hamburger Port Authority hält die Digitalisierung gerade Einzug in die Transportlogistik auf den Verkehrswegen. So setzten wir zum Beispiel in der Nautischen Zentrale der HPA sehr erfolgreich unser Leitstandsystem PORT Monitor ein. Dieser liefert in Echtzeit und auf Basis georeferenzierter Daten Informationen über Ereignisse und Zustände der Wasserstraßen im Hamburger Hafen, welche die Nautische Zentrale zur Überwachung des Hamburger Hafengebiets und seiner Elbzufahrt benötigen. Hierzu zählen unter anderem die aktuelle Position und die Ziele der Schiffe, Pegeldaten, Liegeplätze, Brückenhöhen oder auch aktuelle Baustellen. Dabei geht es konkret darum, die Schiffe zum richtigen Zeitpunkt über den optimalen Weg an die Kaikante zu lenken. Dazu brauchen Sie einen Leitstand, der beschreibt, wo die Schiffe anlegen sollen und wie lange sie dortbleiben können, unter Berücksichtigung der Gezeiten, Baustellen und sonstigen dynamischen Faktoren. Wir wollten einen der modernsten Leitstände der Welt schaffen und schufen dafür eine digitale Karte des Hafens auf, die alle dynamischen Parameter in Echtzeit abbildet. Dieses bidirektionale „Nervensystem“ ermöglicht nicht nur den Abruf der Hafensituation oder lokalen Informationen über mobile Endgeräte, beispielsweise ein Tablet, sondern auch das Melden von Baustellen und anderen Vorkommnissen direkt in die Nautische Zentrale des Hafens.

Ein weiteres Beispiel ist die Überwachung des Verkehrsflusses auf der Straße und von Maschinen und Bauanlagen. Neben einem Leitstand für die Wasserwege gibt es auch einen Leitstand für den Straßenverkehr des Hafens, das sog. Port Road Managementcenter.

Stellen Sie sich vor, ein Containerschiff lädt 7000 Container ab. Damit der LKW-Fahrer unnötige Wartezeiten und Stau im Hafen vermeidet, muss er im Grunde Just-in-Time an der Kaikante stehen, wenn sein Container abgeladen wird. Über die App „Smart Port Logistics“, können dann auch LKW-Parkplätze gebucht werden und die App empfiehlt den Zeitpunkt, wann der LKW-Fahrer den Container abholen kann.

Aktuell testen wir zudem auf einem ausgewählten Straßenabschnitt im Hamburger Hafen Anwendungsmöglichkeiten einer intelligenten Straße. Elemente der „smartROAD“ sind z.B. technologische Möglichkeiten der Verkehrserfassung und -steuerung sowie adaptiver Beleuchtung für Fußgänger und Radfahrer. Die smartROAD ist ein Mosaikstein im Gesamtkonzept des intelligenten Hafens und eine Art Blaupause für anderen Infrastrukturen.

Connected Industry: Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen beim Durchdringen der Digitalisierung?

Es gibt in der Hafenlogistik viele traditionelle Unternehmen, die die Investition in Digitalisierung bisher scheuen. Jedoch drängen neue Player in den Markt, die Logistikprozesse mitgestalten wollen. 2016 ist im Hamburger Hafen das Jahr der Digitalisierung. Gemeinsam sind wir im Hafen auf gutem Kurs. Nichtsdestotrotz ist die große Herausforderung allen Beteiligten im Hamburger Hafen die Chancen, die durch Digitalisierung entstehen aufzuzeigen. Meiner Meinung geht das am besten anhand von konkreten Beispielen, deshalb sind unsere Pilotprojekte auch so wichtig.

Connected Industry: Wie ordnen sich die Aktivitäten des Hamburger Hafens in die Stadt ein?

Wir haben die Chance, im Hafen Technologien zu testen und Abläufe zu optimieren. Von den Erfahrungen, die wir machen, profitiert auch die Stadt über die Hafengrenzen hinaus. Das ist auch eine sehr positive Besonderheit Hamburgs. Wir haben auf der einen Seite mit der Leitstelle Digitale Stadt, die direkt beim Bürgermeister in der Senatskanzlei angesiedelt ist, eine Verwaltung die großes Engagement für die Smart City zeigt und Digitalisierung für die Bürger nutzbar machen will. Auf der anderen Seite habe wir den Hamburger Hafen, der auf annähernd gleicher Fläche mehr Umschlag machen wird. Das geht nur durch den Digitalen Wandel. Um den Digitalen Wandel konkret zu machen, setzen wir Projekte um, aus denen auch die Stadt lernt. Als Hamburger Hafen sind wird Teilbereich und gleichzeitig der Vorreiter des digitalen Wandels.

Interview – Digitalisierung in der Energiebranche

Interview mit Herrn Robin Mager von N-ERGIE über die Bedeutung der Digitalisierung für die Energiebranche

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Robin Mager ist Geschäftsführer der itecPlus GmbH, die IT-Tochter des Nürnberger Energieversorgers N-ERGIE Aktiengesellschaft, die IT-Projekte für den Konzern plant und durchführt. Die itecPlus GmbH hat sich auf die Planung, Inbetriebnahme und Wartung von Informations- und Telekommunikationssystemen spezialisiert.

Connected Industry: Herr Mager, welcher Weg hat Sie bis an die Spitze der IT von N-ERGIE geführt?

Schon im Studium der Wirtschaftsinformatik befasste ich mich mit der Implementierung von IT-Systemen, insbesondere mit SAP-Systemen. Dieses Grundwissen konnte ich dann als Consultant bei Accenture und anderen Unternehmensberatungen vertiefen und zeitgleich fachlich die Liberalisierung der Energiewirtschaft nutzen, um tiefes Branchen-Know-how aufzubauen.

Irgendwann kam ich zu dem Ergebnis, dass ich direkt in der Industrie noch mehr bewegen könnte. Daher bin ich im Jahr 2011 von der Beratungsseite in die Industrie gewechselt mit dem Ziel, langfristig die Gesamtverantwortung für einen IT-Bereich zu übernehmen. So kam ich 2015 zum Energieversorger N-ERGIE in Nürnberg, der in einem besonderen Maße die  Megatrends Energiewende und Digitalisierung  als ein herausforderndes Umfeld geboten hat.

Connected Industry: Die Trends rund um Big Data und künstlicher Intelligenz beschäftigen Industrie-Unternehmen im Namen der Industrie 4.0, beispielsweise um Energiekosten in der Smart Factory zu senken. Welche Rolle übernehmen Energieversorger dabei und mit welchen Konzepten befassen Sie sich in diesem Kontext?

In diesen Zeiten des Wandels sind Energieversorger wichtige Ansprechpartner für die Industrie. Wir möchten und können der richtige Berater sein, wenn es darum geht, wirtschaftliche und umweltschonende Rahmenbedingungen beim Energieverbrauch zu schaffen.

Derzeit bereiten wir in unserem Netzgebiet mit einer Größe von ungefähr 8.000 km² einen flächendeckenden Roll-Out von intelligenten Zählern und Messsystemen vor. Sie dienen als sichere Kommunikationsplattform, um das Stromversorgungssystem energiewendetauglich zu machen. Die Kernaufgabe ist dabei, Kundennutzen zu stiften, indem wir einerseits die Effizienz und Ausfallsicherheit erhöhen und andererseits auf Basis dieser Kommunikationsplattform Zusatzdienste entwickelt und angeboten werden können. Für uns wäre es langfristig gesehen eine Sackgasse, nur auf den Energieverbrauch von Kunden zu setzen. Wenn wir nicht diejenigen sind, die unsere Kunden an die Hand nehmen und vor dem Hintergrund der Chancen der Digitalisierung auch Beratung bzw. konkrete Lösungen anbieten, werden es andere tun. Deswegen vertreten wir einen partnerschaftlichen Ansatz.

Connected Industry: N-ERGIE nutzt selbst Maschinen und Anlagen. Sind Sie auch intern mit der Industrie 4.0 bzw. damit in Verbindung gebrachte Technologien befasst?

Natürlich, insbesondere über die stetig voranschreitende Ausbreitung der Sensorik. Wir streben ein immer umfassenderes Monitoring von Energieerzeugung und -verbrauch an und möchten die Energieverfügbarkeit noch besser gewährleisten. Ein Thema ist dabei auch die zustandsorientierte Instandhaltung bzw. vorausschauende Wartung.

Die Welt von morgen sieht für uns so aus, dass intelligente Algorithmen für ein Asset – das können Maschinenanlagen aber auch einzelne Bauteile, beispielsweise Kabel sein – über Sensoren vorausberechnen, wann der sinnvolle Zeitpunkt ist, die nächste Wartung präventiv durchzuführen, bevor die Anlage ausfällt. Automatisch wird bestimmt, welcher Techniker mit notwendiger Qualifikation in der Nähe verfügbar ist. Dieser bekommt den Wartungsauftrag dann mobil auf sein Smartphone oder Tablet übermittelt, um über seine Datenbrille in einer Schritt-für-Schritt Anleitung durch den Wartungsvorgang geführt zu werden. Technisch komplizierte Fälle werden dann vor Ort per Videokonferenz mit dem Meister im Büro abgeklärt und die Auftragsabarbeitung per mobilem Endgerät direkt dokumentiert.

Wenn wir auf unsere Erzeugungskraftwerke, Anlagen und Netze schauen, finden wir also viele Analogien zur Industrie 4.0.

Connected Industry: Welche Rolle spielt Big Data Analytics dabei?

Wie erwähnt planen wir ein flächendeckendes Ausbringen von intelligenten Zählern und Messsystemen, wodurch wir eine hohe Anzahl an neuen Messpunkten erhalten werden. Die Prinzipien von Big Data Analytics können dann die dadurch verfügbaren, großen Datenmengen in den verschiedensten Wertschöpfungsstufen eines Energieversorgers nutzbar machen. Beispielsweise wird die intelligente Steuerung des Energieversorgungsnetzes auf Basis dieser Daten, dazu beitragen, den aus den Energiewende resultierenden, investitionsintensiven Netzausbau zu minimieren.

Big Data Analytics sowie eine stärkere Algorithmisierung unserer Prozesse im Energiehandel und der Energieerzeugung tragen dazu bei, auch bei kleineren Erzeugungsanlagen Angebot und Nachfrage schneller und flexibler zusammenzubringen. Im Ergebnis wird die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter gestärkt.

Connected Industry: Solarenergie und die eMobility machen nun auch Konsumenten zu kleinen Energieproduzenten, die Ihre erzeugte oder gespeicherte Energie in das Stromnetz einspeisen möchten. Könnten sich die traditionellen Energielieferanten zukünftig in reine Infrastrukturanbieter entwickeln?

Wir sind von der deutschen Energiewende massiv betroffen. In unserem Netzgebiet speisen etwa 47.000 dezentrale Erzeugungsanlagen Strom ein.

Die Entschleunigung der Energiewende durch das Sinken der Subventionsbereitschaft der Bundesregierung führt bei unseren Kunden zu einem großen Bedarf, deutlich aktiver am deutschen Energiemarkt teilzunehmen. Wenn wir als Branche unsere Erfahrung aus der Energievermarktung nutzen, können wir Synergien schaffen und auch von dieser Dezentralität profitieren, stets nach dem Motto: Wenn wir es nicht tun, werden es andere tun. Mit gesundem Selbstbewusstsein und der Bereitschaft, unsere Erfahrung und Kernkompetenz einzubringen, stellt dieser Wandel für uns und die Energieversorger im Allgemeinen eher eine große Chance als eine Gefahr dar.

Connected Industry: Wo liegen Ihrer Meinung nach die Herausforderungen in der Energiebranche?

Es gibt meines Erachtens zwei wesentliche Treiber.

Zum einen haben wir die deutsche Energiewende, die es in dieser Komplexität, Geschwindigkeit und Intensität weltweit nur einmal gibt. In Deutschland haben wir eine Zersplitterung des Angebotes. Während es beispielsweise in Frankreich etwa eine Handvoll Energieversorger gibt, haben wir in Deutschland tausende. Aus dieser Tatsache ergeben sich neue Herausforderungen auch für die IT-Infrastruktur.

Der zweite Treiber ist der kulturelle Wandel. Erst vor gut zehn Jahren wurde durch die Liberalisierung der freie Wettbewerb in der Energiewirtschaft zugelassen, was natürlich kulturelle Herausforderungen in der Führungs- und Arbeitskultur zur Konsequenz hat. Wir können es uns nicht mehr leisten, zu zögern und nur zuzuschauen. Wir müssen agiler werden, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und dazu konsequent die Chancen der Digitalisierung nutzen und den Risiken entsprechend aufgreifen und minimieren.

Die digitale Transformation wird auch die deutsche Energiewirtschaft evolutionär, vielleicht sogar revolutionär erfassen.

Interview – Industrie 4.0 aus Sicht von KUKA Roboter

Interview mit Heinrich Munz, Lead Architect Industry 4.0 bei KUKA Roboter

heinrich_munz_kukaHeinrich Munz ist Lead Architect Industry 4.0 bei der KUKA Roboter GmbH, Augsburg. Er gründete nach dem Elektronik-Studium 1985 zusammen mit Partnern die LP Elektronik GmbH, bei der er als Geschäftsführer für Entwicklung, Vertrieb und Marketing verantwortlich war. Dies führte 1996 zur Übernahme der Firma LP Elektronik durch KUKA Roboter. 1999 folgte Heinrich Munz dem Ruf des Mutterunternehmens, wo er zunächst als Senior Developer System Engineering in der seriennahen Vorentwicklung mit der Planung und Entwicklung von zukünftiger Steuerungstechnik beschäftigt war. Um dem immer stärker werdenden Einfluss von Vernetzung und Digitalisierung auf die Automatisierung Rechnung zu tragen, ist Herr Munz seit geraumer Zeit als Lead Architect Industry 4.0 für KUKA tätig.

Connected Industry: Was bedeutet Industrie 4.0 aus Ihrer Sicht?

Für KUKA ist Industrie 4.0 zunächst die komplette Digitalisierung der Fertigungsindustrie mit den Hauptzielen Effizienzsteigerung und neuen Business-Modellen. Ich bin Mitglied der Arbeitsgruppe 1 der Industrie 4.0-Plattform und dort haben wir den Begriff der Industrie 4.0 auch auf die Prozessindustrie ausgedehnt. Industrie 4.0 ist somit die komplette Digitalisierung der Prozess- und Fertigungsindustrie – in einem wesentlich höheren Maße als es heute der Fall ist.

Connected Industry: Welche Themen setzt KUKA im Kontext von Industrie 4.0 um?

Wir haben angefangen unsere eigene Produktion vollständig zu digitalisieren. Dies erreichen wir, indem wir damit begonnen haben, Daten aus bestehenden Produktionsanlagen zu sammeln, ohne deren Funktion zunächst zu verändern. Das Ziel war ohne Änderung bestehender Steuerungen zusätzliche Funktionen zu etablieren. Das zweite, was wir entwickeln, ist die KUKA Connect Cloud, welche wir auf der Hannover Messe 2016 vorgestellt haben. In diese Cloud werden die Daten aus unserer Produktion hochgeschickt, um entsprechende Big Data Analysen und Optimierungen zu betreiben. Hierzu haben wir auch das Tochterunternehmen connyun (www.connyun.com) gegründet, die diese cloudbasierten Anwendungen für die Digitalisierung der Produktion, Logistik und ‚Connected Products‘ am Markt positioniert.

Connected Industry: Welche Bedeutung haben dabei Smarte Dienstleistungen?

Hier sind wir vollständig konform mit dem Industrie 4.0 Gedankengut, dass ein Großteil des Erfolges darin liegen wird, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Bei uns ist dabei die Grundidee „Everything as a Service“ von hoher Bedeutung, also dem Kunden nicht mehr nur Produkte zu verkaufen z.B. in Form von Robotern, sondern ihm das zu bieten was er wirklich haben will – nämlich die Bewegung. Der Fokus verschiebt sich vom Verkauf von Produkten zur Monetarisierung des Kundennutzens. Die Produkte selbst werden Mittel zum Zweck und bleiben unter Umständen in unserem eigenen Besitz oder wir betreiben diese im Kundenauftrag (Betreibermodelle).

Connected Industry: Inwieweit wird die Mensch-Roboter-Kollaboration die Arbeitswelt in den nächsten Jahren verändern?

Die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) haben wir schon seit einigen Jahren serienreif in Form unseres Leichtbauroboters LBR iiwa eingeführt. Dieser hat wenig Eigengewicht bei vergleichsweise hohen Payloads, zudem sichere Gelenk-Momenten-Sensoren, wodurch wir auf Zäune verzichten können und Menschen Hand in Hand mit dem Roboter zusammenarbeiten lassen können. Montiert auf einer autonom navigierenden Plattform wird der Leichtbauroboter zum mobilen Roboter KMR iiwa. MRK und Mobilität: Das sind wichtige Bestandteile von Industrie 4.0.

Connected Industry: Was ist aus Ihrer Sicht der nächste große Schritt hin zur Industrie 4.0?

Was als nächstes nach dem Datensammeln und -auswerten kommen muss, ist zum einen das Steuern aus der Cloud heraus und zum andern durchgängig digitalisierte Wertschöpfungsketten. Diese lassen sich dadurch verwirklichen, dass man sich gemeinsam auf bestimmte Datenformate und Standards einigt, so dass ein Glied der Wertschöpfungskette seine Daten dem anderen direkt weitergeben kann. Und dies über alle Glieder der Wertschöpfungsketten hinweg Und diese Wertschöpfungsketten müssen durchgängig digitalisiert werden – dies ist die nächste große Herausforderung, denn hier geht es über Firmengrenzen hinweg und Vertrauen spielt dabei eine ganz wesentliche Rolle.

Connected Industry: Sehen Sie Google als Wettbewerber?

Man muss Google immer ernst nehmen, aber Geld alleine reicht in diesem Umfeld nicht aus. Aus meiner langjährigen Erfahrung ist klar, dass Robotik nicht aus 99% IT und ein wenig Mechanik besteht, sondern dass Mechanik genauso wichtig ist wie die IT. Die richtige Kombination von beiden Bereichen macht das Ergebnis aus.

Interview – Virtualisierung in der Industrie 4.0

Interview mit Herrn Dr. Helmut Figalist von Siemens über die Virtualisierung von Produkt- und Produktionsdaten in der Industrie 4.0

Dr. Helmut Figalist ist Leiter der Vorfeld-Entwicklung der Digital Factory Division der Siemens AG. Unter anderem war er Vorsitzender und Mitbegründer des ZVEI-Arbeitskreises für modulare Automation von 2012 bis 2014.

Connected Industry: Herr Dr. Figalist, Industrie 4.0 gilt derzeit als der größte Technologie-Trend der internationalen Industrie, dabei scheint jede Branche diesen Begriff für sich selbst zu interpretieren. Was bedeutet Industrie 4.0 aus Ihrer Sicht?

Dr. Figalist: Der Begriff hat viele Facetten, die wir konkret als Digitalisierung der Industrie bezeichnen können, denn die Digitalisierung ist der Kern dieser Entwicklung. Es ist eine weitere Stufe der Industrialisierung. Der eigentliche Begriff „Industrie 4.0“ ist eine Initiative der deutschen Bundesregierung, um die Wirtschaft für dieses Phänomen der Digitalisierung fit zu machen, damit Deutschland auch in Zukunft als Industrienation wettbewerbsfähig bleibt.

Connected Industry: Ist der Begriff „Industrie 4.0“ wirklich treffend und zukunftsfähig?

Dr. Figalist: Um große Veränderungen, die immerhin die ganze Gesellschaft betreffen, vorwärts bringen zu können, braucht es Begriffe, die ein Konzept transportieren. Für diesen Anspruch scheint der Begriff „Industrie 4.0“ recht erfolgreich zu sein. Natürlich kann sich das zukünftig ändern, denn letztendlich werden die einzelnen Technologien, die hinter diesem Begriff stehen, die eigentliche Wandlung bewirken.

Connected Industry: Sie waren ein Mitbegründer des ZVEI-Arbeitskreises für modulare Automation. Welche Rolle spielt die modulare Produktion für die Industrie 4.0?

Dr. Figalist: Modulare Anlagen sind bereits seit einigen Jahren ein Thema der Prozessindustrie. Heute wird neu diskutiert, ob die Industrie 4.0-Ansätze hilfreich für den erfolgreichen modularen Aufbau solcher Anlagen sein können.

Connected Industry: Wie geht Siemens den Trend der Industrie 4.0 an?

Dr. Figalist: Die Digitalisierung der Industrie griff Siemens bereits einige Jahre vor dem Auftauchen des Begriffs Industrie 4.0 auf und wird mit Namen „Digital Enterprise“ vorangetrieben. Wir entwickeln eine Suite von Software-Produkten, die dem Kunden helfen soll, den Produktlebenszyklus zu digitalisieren und nachvollziehbar zu machen. Wir haben bereits eine Reihe von Produkten am Markt, mit der wir mehr Produktivität und Effektivität in der Entwicklung von Produkten und Produktionssystemen erreichen können. Der Schlüssel zur Digitalisierung der Industrie liegt in der Verbindung der virtuellen Welt der Daten mit der physischen Welt der Produkte, das ist unser Ansatzpunkt für Industrie 4.0.

Connected Industry: Wie wird dieser Ansatz konkret verfolgt?

Dr. Figalist: Wir digitalisieren und virtualisieren das Product Lifecycle Management und die Produktentwicklung. Für unsere Kunden spielen Produkt- und Produktionsqualität eine wichtige Rolle, aber auch die Verkürzung der Entwicklungszeit steht immer mehr im Vordergrund. Im heutigen internationalen Wettbewerb gilt Time-to-Market als ein Schlüsselkriterium für den Erfolg.
Unsere Lösungen beginnen mit der 3D-CAD-Entwicklung und -Simulation für die Produktentwicklung. Beispielsweise läuft die Entwicklung eines neuen Auto-Modells weitgehend virtuell ab. Statt Produkte physisch als Prototyp immer wieder zu bauen, zu verwerfen und neu zu bauen, wird heute virtuell gebaut und getestet.
Mit den Methoden der Simulation und Datenanalyse können bestimmte Ziele bereits vor dem realen Prototyp optimiert werden, z. B. zur Optimierung des Luftwiderstandes, um beim Beispiel der Automobil-Entwicklung zu bleiben.
Dies gilt jedoch nicht nur für das zu produzierende Endprodukt, sondern auch die Produktionsanlagen. Mit weiterführender Engineering Software können wir nicht nur Produkte, sondern auch Produktionsanlagen mit einem hohen Grad an Automatisierung virtuell modellieren und simulieren. Die Anlagen werden also lange vor der physischen Errichtung virtuell gebaut und ausgiebig getestet. Im dritten Zug ermöglichen wir die Speicherung von Maschinendiagnose-Daten in der Cloud, die mit Data Analytics untersucht werden können. Die daraus generierbaren Erkenntnisse machen weitere Optimierungen möglich, denn wenn die Anlage erstmal steht, muss diese dauerhaft produktiv und effizient gehalten werden.

Connected Industry: Wo finden die Analysen der Maschinendaten statt und welche Ergebnisse sind erfahrungsgemäß zu erwarten?

Dr. Figalist: Die Analysen finden durch Experten oder auch automatisiert in der Cloud statt. Wir erreichen mit der Analyse von Echtzeitdaten zum einen die proaktive Früherkennung einer Anlagengefährdung, zum anderen können die Daten auch dazu genutzt werden, um Erkenntnisse über sinnvolle Änderungsmöglichkeiten am Anlagen- und Produktdesign zu gewinnen.

Hannover Messe: Fertigungsoptimierung mit ValueFacturing

Vereinsmitglied Johann Hofmann präsentiert auf der Hannover Messe 2016 das ValueFacturing®, ein Assistenzsystem der Maschinenfabrik Reinhausen in der Microsoft Cloud.

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Johann Hofmann, Leiter ValueFacturing

Neben der privaten Cloud, eine On-Premises-Lösung für das unternehmenseigene Rechenzentrum, wird es voraussichtlich ab 2017 eine Lösung als Public-Cloud geben, die über die Microsoft Azure Cloud für den produktiven Einsatz verfügbar sein wird und die IT-Infrastruktur der Deutschen Telekom nutzen wird.

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Die ValueFacturing® Datendrehscheibe ist ein Integrationssystem für die bereits vorhandenen heterogenen Produktionssysteme. Es nutzt zur Datenspeicherung die bereits vorhandenen Datenbanken der Drittsysteme und verteilt und komponiert daraus in Echtzeit alle benötigen Daten bzw. Informationen. Darüber hinaus ist ValueFacturing® in der Lage durch Datenanreicherung fehlende Daten automatisch zu generieren und somit Prozessinformationen zu rekonstruieren. Zusätzlich beinhaltet ValueFacturing® auch eine Datenpumpe, die im Sekundentakt Rohdaten aus der Fertigung sammelt in einer Analyse-Datenbank archiviert.

Erstmalige Live-Vorführung von  ValueFacturing® in der Public Cloud auf der Hannover Messe 2016

Durch Einsatz des Public Cloud Konzepts können Unternehmen mit zerspanender Fertigung noch schneller ein effizienteres Projektmanagement mit geringerem Kosten- und Verwaltungsaufwand umsetzen. ValueFacturing® in der Public Cloud von Microsoft ist als Proof of Concept (PoC) erstmals auf der Hannover Messe vom 25. bis 29. April 2016 auf dem Microsoft-Stand C40 in Halle 7 zu sehen und zu testen.

Auf dem Messestand steht eine Maschinensteuerung, über ein mobiles Endgerät (Smartphone oder Tablet) ist ein direkter Zugriff auf die Steuerung möglich. Die Standbesucher können sich Anwendungen wie Werkzeugsuche oder Dashboard mit verschiedenen Auswertungen anzeigen lassen.

Über die Maschinenfabrik Reinhausen (MR)

ValueFacturing® ist ein Geschäftsbereich der Maschinenfabrik Reinhausen (MR), dem Weltmarkt- und Technologieführer für die Regelung von Leistungstransformatoren. Das 1868 gegründete Unternehmen befindet sich in der fünften Generation mehrheitlich in Familieneigentum und ist mit über 30 Tochter- bzw. Beteiligungsgesellschaften weltweit präsent. Im Geschäftsjahr 2015 erwirtschafte­ten 3.000 Mitarbeiter einen Umsatz von 700 Millionen Euro. 50 % des weltweit erzeugten Stroms wird mit MR-Produkten geregelt.

Interview – die Smart Industry Modellfabrik von ELABO

Interview mit Thomas Hösle, Geschäftsführer der ELABO über die ELABO

thomas-hoesle-elaboThomas Hösle ist Geschäftsführer der ELABO GmbH in Crailsheim. ELABO, ein Unternehmen der euromicron-Gruppe, ist ein führender Anbieter für praxis-nahe Industrie 4.0-Lösungen für den Mittelstand. Die Kompetenz hierfür schöpft der Technologieführer aus der jahrzehntelangen Erfahrung bei der Entwicklung und Herstellung intelligenter Mess- und Prüftechniklösungen mit hohem Softwareanteil. Die hochwertigen Geräte, Softwarepakete, Prüf-und Arbeitsplatzsysteme werden in Ausbildung, Forschung und Entwicklung, Montage und Qualitätssicherung sowie im Service eingesetzt. Im November 2015 hat die unter Leitung der Bundesministerien für Wirtschaft und Forschung agierende Plattform Industrie 4.0 ELABO mit ihrem Smart Industry Ansatz in die interaktive Online-Deutschlandkarte für Industrie 4.0 Anwendungsbeispiele aufgenommen.

Wie unterscheidet sich der ELABO Smart Industry Ansatz von herkömmlichen Industrie 4.0 Modellen?

Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist, dass wir einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Wir ha-ben schon einige Smart Factories in Deutschland besichtigt. Dabei fiel uns auf, dass diese Smart Factories sich nur auf einen Teilausschnitt einer Smart Industry konzentrieren, also hauptsächlich auf Montagevorgänge – zumeist hochautomatisiert. Mit unserem darüberhinausgehenden Ansatz vernetzen wir die wesentlichen Wertschöpfungspartner in Echtzeit zu einem Gesamtsystem inclusive der smarten inhouse-Logistik: also angefangen am Ursprung der internen Wertschöpfungskette, aus der F&E herkommend, gelangen die Produkte über den Prototypenbau in die Montage und werden irgendwann zum Servicefall. Wir simulieren und zeigen, wie dadurch in einer Smart Industry künftig ein „Turbo“ gezündet werden kann mit einer deutlichen Steigerung von Effizienz, Flexibilität und Transparenz.

Was ist die Besonderheit an Ihrem System?

Zunächst lehnen wir uns an die I 4-0-Definition des VDMA an. Danach geht es bei I 4.0 um die digitale Vernetzung von Menschen, Maschinen und Systemen. Diese drei Komponenten werden digital und in Echtzeit untereinander vernetzt. Genau dies können wir abbilden. Das Besondere an unserem Ansatz ist eine softwaregestützte Datenbanklösung. Diese Datenbank ist eine Big Data Lösung, die alle Daten, die in einem F&E- oder Montage- oder Service-Prozess anfallen, automatisiert dokumentiert ohne dass der Mitarbeiter zusätzliche Tätigkeiten zu verrichten hat. Diese Daten können in Echtzeit untereinander ausgetauscht werden, so dass sehr schnell reagiert werden kann, wenn z. B. in der Montage ein Qualitätsproblem auftaucht. Hier profitieren unsere Anwender von der Echtzeitver-bindung zwischen den Wertschöpfungspartnern inklusive dem Qualitätsmanagement. Unsere Soft-warelösung deckt neben Big Data aber auch Aspekte von Data Analytics ab, also den Transfer von Daten in Wissen. Dank unserer Auswertungs-Tools kann rechtzeitig erkannt werden, wo Soll-Abweichungen auftreten bzw. wo etwas Gefahr läuft, aus dem Ruder zu laufen – Stichwort Predictive Maintenance.

Und gleichzeitig ist unsere Datenbanklösung eine digitale, intelligente Werkerführung. Wir ermög-lichen es, dass komplexe Montage-, Prüf- oder Logistikvorgänge auch mit weniger qualifizierten Mit-arbeitern auf einem hohen Qualitätslevel ausgeführt werden. Der Werker wird je nach Bedarf mit Text (zweisprachig) und Fotos (ggf. auch Utility-Film) sicher durch die einzelnen Arbeitsschritte geführt, in der „de luxe“-Variante auch audio-visuell mit einer Datenbrille (Augmented Reality).

Damit unterstützen wir auch die Zielsetzung vieler Industrie-Unternehmen, den Mitarbeiter zum informierten Entscheider weiterzuentwickeln (Dezentralität von Entscheidungen).

Welche Rolle spielen Arbeitsplatzsysteme für die Industrie 4.0?

Arbeitsplatzsysteme sind die Enabler von Industrie 4.0. Ein optimales Zusammenspiel in einer „con-nected industry“ besteht aus drei Komponenten: Die 4.0-fähige Hardware, optimal kombinierbar mit der 4.0-fähigen Software und darüber ein Sicherheitskonzept, was die Netzwerke und Serverland-schaften anbelangt, also auch Cloud-Lösungen. Hier genießen wir den großen Vorteil, von der ein-schlägigen Expertise der euromicron-Gruppe als führender Netzwerkspezialist mit 13 Tochterge-sellschaften zu profitieren. Daher können wir unsere Lösung aus einer Hand als Gesamtpaket anbie-ten: den Arbeitsplatz der Zukunft als Kombination von 4.0-fähiger Hard- und Software unter dem Dach von sicheren Netzwerken.

Sind Analyse-Systeme in der Anwendung oder denkbar, die die Ergonomie der Arbeitsplätze erfassen?

Die Produktivität wird gemessen durch Kennzahlen, die unsere Datenbanklösung liefert. Die Software erfasst z. B., ob alle Arbeitsschritte wie vorgegeben ausgeführt wurden oder gibt Hinweise, wo Fehler entstanden. Darüber hinaus planen wir, unsere Arbeitsplatzsysteme mit einer intelligenten Zugangskontrolle zu koppeln. Der Arbeitsplatztisch soll dann automatisch erkennen, welcher Mitarbeiter aktiv ist, und stellt sich auf dessen ergonomisch ideale Arbeitsplatzhöhe ein. Gleichzeitig richtet sich auch das Licht an die individuellen Bedürfnisse des Mitarbeiters aus. Zudem soll der intelligente Arbeitstisch 4.0 auch die Höhe und das Licht in Abhängigkeit der zu verrichtenden Arbeitsgänge anpas-sen. Alle diese ergonomischen Funktionalitäten werden von unserer Software gemanagt.

Wann ist die Entwicklung Ihrer Modellfabrik abgeschlossen?

Was wir derzeit in unserer Smart Industry Modellfabrik zeigen ist sozusagen der Basis-Stand von 2014. Bereits auf der Messe productronica im November 2015 haben wir weitere Ideen-Ansätze vorgestellt und mit unseren Kunden diskutiert. Daraus sowie aus unseren zahlreichen live-Präsenta-tionen mit Besuchern unserer Smart Industry Modellfabrik entstehen laufend weitere Impulse, die wir gerne verarbeiten. Wir sind daher noch am Anfang einer weiten, spannenden Reise und haben noch viele Ideen im Köcher.

 

Interview – Industrie 4.0 mit vernetzten Maschinen

Interview mit Martin Buck, Vorsitzender des Vorstandes und CTO der ifm Unternehmensgruppe über Industrie 4.0

martin-buckMartin Buck ist Vorsitzender des Vorstandes der ifm stiftung & co. kg. Nach Gründung im Jahre 1969 hat sich ifm zu einem der weltweiten Branchenführer im Bereich der Entwicklung, Produktion und dem Vertrieb von innovativen Sensoren, Steuerungen und Systemen für die industrielle Automatisierung entwickelt. Heute zählt das in zweiter Generation geführte Familienunternehmen mit rund 5.200 Beschäftigten in über 70 Ländern zu den weltweiten Branchenführern.

Herr Buck, Industrie 4.0 ist ein weites Feld, welche Lösungen entwickelt ifm in diesem Kontext?

Hier haben wir zunächst ein breites Portfolio an Sensoren mit IO-Link-Standard entwickelt. Zudem haben wir uns damit beschäftigt, wie man Daten vom Sensor weiter in Richtung zentrale Rechnerebene bekommt. Aus unserer Erfahrung werden in Zukunft ca. 20% der Daten, die man aus dem Sensor herausbekommt, die Anlage steuern und 80% der Daten sind da, um Maschinenzustände zu erfassen oder Qualitätsinformationen zu erhalten. Dies erfordert eine offene Architektur, so dass man auch die Möglichkeit hat, Daten abzuzweigen, um diese dann direkt an die nächsthöhere Ebene zu übertragen. Hier setzen wir an und verfügen mittlerweile über entsprechende Produkte, um Daten an die nächsthöheren Ebenen abzuzweigen. Die dafür notwendige Weiche besteht aus Hardware und Software – der LINERECORDER. Dieser ist ein Kommunikationskünstler, der nach unten an den IO-Link anknüpft und nach oben über verschiedene Protokolle kommunizieren kann. Der LINERECORDER fügt sich als ein Kommunikationsknoten in die Maschine ein, so dass die Maschinendaten  hoch zur Leitstandebene kommuniziert werden können. Auf dieser SCADA/MES-Ebene (Supervisory Control and Data Acquisition) haben wir das LINERECORDER Framework, der die Parametrierung und Überwachung unterschiedlichster Sensoren vereinfacht. Die Entwicklung ging so weit, dass wir nicht nur auf dieser SCADA/MES-Ebene blieben, sondern auch die Anbindung bis ins ERP-System realisieren konnten. Hier haben wir in Zusammenarbeit mit SAP eine Schnittstelle geschaffen, von der LINERECORDER-Ebene bis ins SAP hinein. Dadurch schaffen wir die vollständige Durchgängigkeit – vom Sensor über IO-Link weiter via LINERECORDER über die Prozessleitebene hinaus hin zum SAP ERP.

Dinge, die wir mit Kunden in diesem Bereich schon realisiert haben, liegen im Bereich Condition Monitoring und Energy Monitoring. Hier geht es beispielsweise bei unserem Kunden Gea um Separatoren auf Schiffen. Serviceeinsätze wären hier sehr teuer, da man zunächst zu den Schiffen vor Ort fahren müsste. Die Zustandsdaten dieser Separatoren werden über mobile Datenübertragung an eine Zentrale in den Leitstand verschickt und überwacht. Dort kennt man dann den Zustand der Separatoren und kann Wartungen durchführen oder Servicepläne erstellen. Im Ergebnis machen wir also die Shop Floor Ebene in der SAP Ebene verfügbar.

Welche Möglichkeiten könnte man hier noch weiter entwickeln?

Ich denke, dass Geschäftsmodelle entstehen, in denen nicht mehr mit Hardware gehandelt wird, sondern mit Diensten. Weitere Möglichkeiten liegen im Bereich Condition Monitoring, wenn die Anlage mit dem ERP-System vernetzt ist und damit auch mit dem gesamten Ressourcenplan im Unternehmen. Dann kann die Anlage den eigenen Zustand erfassen undwenn beispielsweise der Antrieb bedrohliche Anzeichen von Verschleiß zeigt, kanndiese Information in das SAP System weitergeleitet werden. Dort sind dann alle Informationen verfügbar um den Wareneingang des neuen Antriebs zu überwachen, einen Serviceeinsatz zu planen und die entsprechende Produktionsplanung darauf abzustimmen. Niemand müsste mehr einschreiten und ein ungeplanter Stillstand wäre zuverlässig abgewendet

Wie beurteilen Sie den Reifegrad der deutschen Wirtschaft bei Industrie 4.0?

Beim Breitbandausbau stimme ich zu, dass Deutschland noch hinterherhinkt. Zu Industrie 4.0 passiert jedoch bereits einiges in sehr vielen Unternehmen, so dass ich Deutschland insgesamt nicht schlecht aufgestellt sehe. Wo wir dagegen aufpassen müssen, ist, dass wir nicht den großen amerikanischen Daten-Firmen, wie Google, nacheifern , um diesen im direkten Wettbewerb zu begegnen, sondern die Stärke von Deutschland, die Innovationskraft aus dem Mittelstand fördern sollten. Bei der ganzen Diskussion um Datenhandling oder Cloud Computing sollten erstens einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu würde es der Innovation vor allem gut tun, wenn Daten und Dienste getrennt werden. Die Daten sollten in einem rechtlichen Raum liegen, der europaweit harmonisiert ist und separat dazu sollte es Dienstanbieter geben, die auf diese standardisiert abgelegten Daten zugreifen können und damit Mehrwertdienste und Services anbieten können. Dadurch entsteht Wettbewerb, der Innovationen fördert. Wir müssen uns also auf unsere Stärken besinnen und den Zugang zu den Daten „demokratisieren“. Selbstverständlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes.  Das Sammeln von Daten in verschiedenen Clouds bringt uns aus meiner Sicht dagegen nicht weiter, da wir mit jeder weiteren Cloud Inseln schaffen – und diese Inseln sind nicht durchgängig. Ich kann keinen Dienst heute etablieren, der gleichzeitig auf Daten in verschiedenen Clouds zugreift. Im Vergleich dazu, haben auch nicht die Spediteure die Straßen gebaut, sondern der Staat hat die Infrastruktur zur Verfügung gestellt, so dass jeder noch so kleine Spediteur auf diesen Straßen fahren konnte. Bei den Daten bräuchte man eine Infrastruktur und ein Zuhause – jeder Dienstanbieter weiß dann um die einheitlichen Rahmenbedingungen und kann darauf seine Dienste zur Verfügung stellen.

qSkills Workshop: Industrial Security

qSkills startet erste Workshop-Serie zu Industrie 4.0

Das Thema Industrie 4.0 wird für Ihr Unternehmen immer konkreter, Sie haben aber noch keinen Plan in der Schublade, wie Sie das neue Konzept umsetzen sollen? In diesem Fall kann Ihnen der unabhängige IT-Trainingsanbieter qSkills helfen. Im April startet der in Nürnberg angesiedelte Anbieter seine erste Workshop-Serie zum Thema.

Im Fokus: Industrial Security

Am 12. bzw. 14.04. starten zwei Kurse zum Thema Industrial Security, einmal für IT-Experten und einmal für Produktionsexperten. Wo liegen die betrieblichen Problemzonen in Sachen IT-Sicherheit im Industrie-4.0-Konzept und was bedeutet dies für die Produktionsabläufe? qSkills erörtert mit den Kursteilnehmern Bedrohungslagen, empfiehlt Handlungsweisen und skizziert den Aufbau und die Anwendung von Management-Systemen (ISMS/BCMS).

Zu der Workshop-Übersicht geht es hier (Klick): qSkills Industrie 4.0 Workshop – Schwerpunkt Industrial Security

Sichere Software entwickeln

Eine der Grundsäulen für ein funktionierendes Industrie-4.0-Konzept ist jedoch die IT-Sicherheit. Wie muss die Software gestaltet sein, damit Fremde sich keinen Zugang zu den Produktionsabläufen und -daten verschaffen können? Auf diese Frage geht qSkills in den Workshops „Application Security Management“ und „Secure Coding“ ein. Letzterer findet erstmals vom 09. auf den 10. Mai in Nürnberg statt und setzt allgemeine Programmierkenntnisse, Kenntnisse in C und HTML voraus.

Softskills benötigt?

Aber nicht nur Software thematisiert qSkills, auch ausgeprägte Softskills sind für Industrie 4.0 wichtig. Da IT und Produktion künftig deutlich stärker miteinander verzahnt sind, braucht es neben interdisziplinärem Fachwissen auch die Fähigkeit, den Faktor Mensch entsprechend zu berücksichtigen. Hier gilt es nicht nur Anforderungsprofile zu erstellen, sondern auch Ängste – die durch den Wandel entstehen –  zu nehmen und Konfliktpotenzial zwischen IT und Produktion rechtzeitig zu erkennen und Spannungen abzubauen.

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qSkills & Industrie 4.0

qSkills unternahm im Mai 2015 erste Gehversuche im Bereich Industrie 4.0, als unter der Leitung des IT-Trainingszentrums ein mehrtätiger Erfahrungsaustausch in Nürnberg stattfand. Daran beteiligten sich namhafte DAX-Unternehmen aus der Automobil- und Automotive-Industrie wie auch aus den Chemie-, Logistik- und Energieversorger-Branchen. Im Lauf des letzten Jahres ging daraus die qSkills Industrie 4.0 IT-Akademie hervor, welche in Zusammenarbeit mit KORAMIS entstand, einem Spezialisten für Automatisierungs-, Prozess- und Netzleittechnik.